"Wie weit wirst du gehen"

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Hedda Laurent ist gestorben. Zusammen mit ihrem Ehemann Artur, einem ehemaligen Uniprofessor, lebte sie auf einer einsamen Insel auf dem Tegeler See. Um sich zu verabschieden sind jetzt ihre vier Kinder Jannik, Sophia, Theo und Patty nebst Familien sowie ihr Bruder Ruben auf die Insel gekommen. Und noch jemand ist auf der Insel: Der Notar Nowotny, um bereits vor der Beerdigung Heddas Testament zu verkünden. Allerdings hat sich Hedda etwas ganz Besonderes ausgedacht. 27 Aufgaben müssen in drei Tagen gelöst werden und nur einer kann den Nachlass, der fast im dreistelligen Millionenbereich liegt, gewinnen. Escape room einmal andersherum. Was harmlos beginnt, nimmt rasch große Fahrt auf. Und schon bald entwickelt sich ein mörderischer Alptraum! Wie weit wirst du gehen, um das Spiel zu gewinnen?

Was ist in der Familie von Hedda und Artur Laurent vorgefallen, dass Hedda sich so ein perfides Spiel ausgedacht hat, damit es nur einen Erben geben kann? Wollte Hedda ihrer Familie ihre Geldgier und Schamlosigkeit aufzeigen? Der Untertitel „Für Rache ist es nie zu spät“ lässt uns bereits erahnen, dass in dieser gutbürgerlichen Familie nicht alles so „gut“ ist, wie es auf dem ersten Eindruck scheint. Entsprechend dunkel und geheimnisvoll wirkt das Cover des Buches: Nur eine Ledermappe - vermutlich das Testament – zieht die Blicke des Lesers auf sich, während die in blutrot geschriebenen Buchstaben des Titels jetzt schon eine Gänsehaut beim Leser auslösen. Und die Gänsehaut ist beim Lesen ständiger Begleiter. Bereits der Prolog nimmt den Leser gefangen: Was wusste Heddas Bruder Ruben? Was wollte er nicht? Und was war so schrecklich, dass es bei ihm eine solche Angst auslöste, dass es ihn tötete? Kaum hat sich der Leser davon erholt, ächzt er bereits unter dem nächsten Thrill bis sich herausstellt, Theo hat alles nur geträumt. Der Profi-Pokerspieler hat allerdings allen Grund ängstlich zu sein, hat er sich doch, um seine Spielschulden zu bezahlen, mit den falschen Leuten eingelassen. Aber auch seine drei Geschwister haben hinter ihrer sauberen Fassade jeder für sich einen Grund, das Spiel für sich zu entscheiden.

Für mich bleibt unter den vier Geschwistern immer noch der glücklose Pokerspieler Theo der Sympathischste. Ist er doch derjenige unter den Vieren, der nicht um jeden Preis versucht die anderen auszustechen. Jannik dagegen kann durch seine ständige Sorge nicht genügend beachtet oder nicht genügend bedacht zu sein, bei mir keine Sympathien gewinnen.

Durch den Schreibstil von Jonas Winner, die Art Sätze zu bilden, fühlt sich der Leser als wäre er mitten im Geschehen. Der Autor schreibt lebendig und flüssig. Und trotzdem wir uns hier in einem mörderischen Spiel befinden, gelingen ihm wunderbare atmosphärische Beschreibungen der Szenen und der Protagonisten. Der Leser merkt, dass Jonas Winner seine Promotion über „Spieltheorie“ geschrieben hat, denn durch den steten Wechsel in der zeitlichen Reihenfolge, befindet sich der Leser in einem eigenen Spiel, aus dem er sich nur schwer befreien kann.

Fazit: Einen Gewinner gibt es bereits: Den Autor. Mit diesem Roman ist ihm ein Meisterwerk der Spannung gelungen. Und wenn der Leser bis zum Schluss nicht erraten kann, wer hinter diesem mörderischen Spiel steckt, dann handelt es sich um einen wahren Thriller, Gänsehaut inclusive. Ein Buch, welches man von der ersten bis zur letzten Seite nicht aus der Hand legen möchte.