Der Nachtzirkus

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**Handlung**

Der Cirque des Rêves ist kein gewöhnlicher Zirkus. Er zieht ohne bekannten Spielplan durch die Welt und kommt ohne Vorankündigung zu seiner nächsten Station. Die Vorstellungen laufen ausschließlich nachts und auch an ihnen ist nichts so wie bei anderen Zirkussen. Zunächst einmal ist da die vollständige Abwesenheit von bunten Farben; sowohl die Planen der Zelte als auch die Kostüme der Darsteller sind nur in Schwarz-, Weiß- und Grautönen gehalten. Auch die Show konzentriert sich nicht auf ein großes Zelt, in dem nacheinander die einzelnen Artisten auftreten, sondern in verschiedenen Zelten laufen die ganze Nacht über viele im wahrsten Sinne des Wortes zauberhafte Darbietungen parallel.

Doch der Zirkus ist nur der Rahmen für etwas nicht weniger magisches: er stellt den Schauplatz für einen Kampf zwischen zwei alten Zauberern dar, die jeweils einen Kandidaten ins Rennen geschickt haben, um diesen Kampf für sie auszufechten. Was für die beiden abgestumpften Männer bloß ein Spiel ist, wird für Celia und Marco zu einem Wettstreit um Leben und Tod. Denn laut den Regeln wird so lange weitergespielt, bis einer der beiden klar verloren hat; das heißt, tot ist. Also machen sie – ohne das Wissen, dass einer am Ende sterben muss – jahrelang jeder abwechselnd Zug um Zug und erweitern den Zirkus um ein Zelt voller Wunder und Magie nach dem anderen, um ihre Zauberkraft unter Beweis zu stellen. Anders als bei ihren Meistern schwingt dabei allerdings kein böser Gedanke mit. Und als die beiden schließlich aufeinander treffen, verlieben sie sich hoffnungslos ineinander und versuchen ab diesem Zeitpunkt einen Weg zu finden, dass beide und der Zirkus unbeschadet aus diesem Wettstreit herauskommen.

 

**Meine Meinung**

Diese Geschichte ist eindeutig etwas ganz besonderes. So viele außergewöhnliche Ideen sind in einmaliger Weise miteinander kombiniert, dass es mir wirklich Spaß gemacht hat, das Buch zu lesen. Trotzdem ist mein Verhältnis zu ihm ein bisschen zwiegespalten.

Die Story finde ich schonmal sehr vielversprechend: ein Kampf zwischen zwei alten Magiern mit starken Fähigkeiten, darin eingesponnen eine tragische Liebesgeschichte und alles findet hinter den Kulissen dieses besonderen Zirkusses statt. Man ist schon gleich von Beginn an in dieser geheimnisvollen Welt, versteht zwar bis ungefähr zur Mitte nur einen Bruchteil der hintergründigen Gedanken, auf denen der Wettstreit, der Zirkus und damit die ganze Story aufbaut, aber das wird am Ende mehr oder weniger restlos geklärt. Der Schreibstil der Autorin ist eher nüchtern und sachlich. Keine verschachtelten Sätze, keine ungewöhnlichen Vergleiche oder sonstiges. Einzig bei der Beschreibung der einzelnen Zelte, die Celia und Marco durch ihre Magie erschaffen, wandelt sich das zu detaillierten Beschreibungen, die die ganze energiegeladene Atmosphäre einfangen und transportieren. Der Gesamteindruck von zurückhaltender Distanz bleibt allerdings. Man ist zwar dabei, aber nie wirklich in der Geschichte; sie lebt eher von dem, was _nicht_ im Buch steht und was man höchsten zwischen den Zeilen erahnen kann. Es gibt viele Sprünge, sowohl zeitlich als auch personell und erst am Ende werden die vielen einzelnen Handlungsstränge zu einem Gesamtbild verknüpft. Es ist teilweise etwas schwierig, dem Geschehen zu folgen, weil so oft die Perspektive gewechselt wird und die einzelnen Figuren selbst einen unterschiedlichen Wissensstand haben. So bleibt es dem Leser selbst überlassen, die vielen Teile zu kombinieren und sich das zu erschließen, was die meiste Zeit über unausgesprochen bleibt.

Ein paar kleine Mängel hat das Buch zwar, aber trotzdem hat mir das Lesen viel Vergnügen bereitet.