Schwarz-Weiße Fantasie

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
ewa Avatar

Von

_Der Zirkus kommt überraschend._

_Es gibt keine Ankündigung, keine Reklametafeln oder Plakate an Litfasssäulen, keine Artikel und Zeitungsanzeigen._

_Plötzlich ist er da, wie aus dem Nichts._

_ _

So unmittelbar beginnt der Debütroman „Der Nachtzirkus“ von Erin Morgenstern. Sie entführt uns darin in die Welt des Zirkus, allerdings nicht in einen, wie wir ihn kennen. Der Nachtzirkus ist ein scheinbar unberechenbarer und unfassbarer Ort, der sich der Realität entzieht und der von seinen Besuchern vermutlich auch nicht zur Gänze verstanden wird. Läuft man als Leser gleichsam mit den Besuchern staunend durch diese zweifarbige Wunderwelt und entdeckt ihn mit ihnen, so ist man diesen doch einen Schritt voraus. Denn der Zirkus ist mitnichten nur reines Vergnügen, sondern Schauplatz eines Magierwettkampfes. Als Leser begleiten wir die beiden Protagonisten (und Antagonisten) Marco und Celia, deren Leben von Beginn an vorbestimmt scheinen: Beide gebunden an ein Versprechen, dass andere für sie gegeben haben, und trotzdem auf der Suche nach einem selbstbestimmten Leben.

 

Im Gegensatz zur Schwarz-Weiß-Gestaltung des Schauplatzes entziehen sich alle Figuren in diesem Roman scheinbar einer klaren Charakterisierung und man kann nicht wissen, wer nochmal eine  Rolle in der Geschichte spielen wird und vor allem nicht welche. Und wie der Zirkus unvermittelt und unvorhersehbar an verschiedenen Orten auftaucht, so gestaltet sich auch der Handlungsverlauf: Es kommt zu Zeitsprüngen (die man zuerst nicht einmal wahrnimmt) und ständig werden neue Figuren unvermittelt eingeführt. Der Wettbewerb als zentrales Thema bleibt für den Leser lange unklar und er erkennt die Zusammenhänge erst zusammen mit den Protagonisten. Die Detailfülle ist unglaublich und erlaubt es dem Leser völlig in diese Welt einzutauchen. Man fühlt mit den Charakteren und kann deren Entscheidungen mittragen.

Aber gerade wegen dieser ganzen Detailverliebtheit und der engen Bindung an die Protagonisten, war das Ende des Romans für mich ein wenig zu abrupt. Es geht auf einmal alles viel zu schnell und dass der Man in Grau im letzten Kapitel auf einmal viel geselliger und gesprächiger ist als im kompletten vorangegangenen Buch ist eine Sache, die sich mir nicht ganz verdeutlicht hat. Allerdings ist das nur ein sehr, sehr kleiner Punkt in diesem ansonsten sehr überzeugenden Werk.