Festhalten ...

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Friedrich Ani hat einen neuen Ermittler „erschaffen“: Jakob Franck ist seit zwei Monaten im Ruhestand – doch seine Vergangenheit als Kriminalhauptkommissar lässt ihn nicht los. Nach zwanzig Jahren bittet ihn Ludwig Winther um ein Gespräch. Seine siebzehnjährige Tochter Esther wurde damals an einem Februarabend im Park gefunden – erhängt. Auch wenn der Gerichtsmediziner Fremdeinwirkung nicht ausschloss, stand das Untersuchungsergebnis nach kurzer Zeit fest: Selbstmord. Doch nun will Winther, daß Franck den Mörder seiner Tochter sucht. Und er nennt auch einen Verdächtigen: ein Zahnarzt aus der Nachbarschaft, der damals öfter mit jungen Mädchen gesehen wurde.
Und Franck beschäftigt sich mit dem alten Fall. Zwar ist er keineswegs überzeugt, daß Winther mit seiner Vermutung richtig liegt, doch auch sein Leben wurde von diesem Fall in andere Bahnen gelenkt. Als Überbringer der Todesnachricht hatte er Doris Winther, Esthers Mutter, mehrere Stunden in stummer Umarmung festgehalten – und sie hat sich ein Jahr nach dem Tod ihrer Tochter ebenfalls erhängt. Die Beziehung zu seiner Frau Marion war seitdem nicht mehr die gleiche und nun lebt er schon seit Jahren alleine.
Auch wenn „Der namenlose Tag“ ein spannender Kriminalroman ist, in dem kaum etwas so bleibt, wie es zunächst scheint, geht es doch um mehr: um Menschen, die jemanden verloren haben und deren Leben dadurch aus den Fugen gerät, die aus ihrem Leben fallen und nicht mehr hineinfinden. Auch wenn der äußere Anschein oft ein anderer ist …
Und Friedrich Anis Kunst besteht unter anderem darin, das Leid nicht zu beschönigen, die Trauer auszuhalten und doch nicht hoffnungslos zu werden. So bleibt die Möglichkeit, daß manchmal gelingt, was Winther sich zu Beginn des Romans wünscht: „Dass man die Hand ausstrecken kann und jemand festhalten.“