Rezension zu "Der Ort, am dem die Reise endet"

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Ajany ist in Kenia geboren, lebt jedoch seit einigen Jahren in Brasilien. Aus einem traurigen Anlass kehrt sie in ihr von der neu gewonnenen Unabhängigkeit gezeichnetes Geburtsland zurück: Ihr Bruder Odidi wurde erschossen. Sein Leichnam muss identifiziert und bestattet werden. Zusammen mit ihrem Vater und Odidis Sarg kehrt Ajany nach Wuoth Ogik zurück - ihrem Zuhause in der Wüste. Anstatt dort Ruhe zu finden, droht die Familie auseinander zu reißen, alte Geheimnisse treten zutage und Ajany begibt sich nach Nairobi, um mehr über die Hintergründe der letzten Lebensjahre ihres Bruders herauszufinden.

Sprachgewaltig entführt Autorin Yvonne Adhiambo Owuor ihren Leser nach Kenia. Wie ein Gemälde lässt sie das Land durch ihre bildreiche, mit vielen Adjektiven gespickte Sprache beim Lesen vor dem eigenen Auge entstehen. Dieser Stil passt zum Charakter Ajanys. Aus ihrer Sicht wird überwiegend erzählt und sie ist selbst Künstlerin, hat früher häufiger gemalt und daher ein Auge für ihre Umgebung.

Man erfährt jedoch nicht nur von Ajanys Suche nach Odidis Vergangenheit. Zahlreiche Rückblicke verschiedener Charaktere unterbrechen die aktuellen Ereignisse und teils finden diese Episoden so unvermittelt statt, dass man beim Lesen sehr aufpassen muss, den Überblick zu behalten. Der Roman ist anspruchsvoll zu lesen, doch die Mühe wird belohnt.

Nebenbei erfährt man viel über das Land Kenia und die Menschen. Die Autorin übt fein ausgewogene Gesellschaftskritik, ohne den Zeigefinger zu erheben.

Die Geschichte nimmt den Leser in ihren Bann und ist zwischenzeitlich spannend wie ein Thriller, hebt sich aber durch die überaus gelungene Sprache von diesem Genre ab und hat so viel mehr zu bieten, AKS eine spannende Geschichte.

Fazit: Eine Leseempfehlung für alle, die gerne anspruchsvolle Romane lesen und etwas über Kenia erfahren wollen. Belohnt wird man mit einer sprachgewaltigen, mitreißenden Familiengeschichte.