Macht und Intrigen

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kainundabel Avatar

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Obwohl ich sehr gerne historische Romane lese, hätte ich dieses Buch wahrscheinlich in meiner Buchhandlung links liegengelassen. Der eher nichtssagende Titel und das Titelbild hätten wohl Assoziationen an schwülstige Liebesromane geweckt. Da ich die Gelegenheit hatte, das Buch vor seinem Erscheinen zu lesen, stellte sich mir die Frage: Gibt es überhaupt Neues über die Borgia zu erzählen, ist ihre Geschichte nicht hinlänglich bekannt? Die Mischung von Fakten und Fiktion macht letztlich den Reiz dieses Romans aus. Sarah Dunant gelingt es auf besondere Weise, die Personen der mächtigen, intriganten Familie lebendig werden zu lassen. Allen voran natürlich Rodrigo, Kardinal von Valencia, der 1492 aus dem Konklave als neuer Papst Alexander VI. hervorgeht. Sein siebzehnjähriger Sohn Cesare, wie seine drei Geschwister "Bastarde", hat bereits den Posten eines Erzbischofs inne. Er liebt seine Schwester Lukrezia mehr als es einer Geschwisterliebe zuträglich ist. Frauen nimmt er sich nach Gutdünken und verstößt sie wieder wie einen "angebissenen Apfel". Früh lernt er, was es heißt, ein Borgia zu sein und seine Ziele rücksichtslos zu erreichen. Ja, der Roman ist ausgesprochen unterhaltsam, spannend und abwechslungsreich geschrieben. Als Leser fühlt man sich hineinversetzt in das pralle Leben Roms im ausgehenden Mittelalter. Es ist die Stadt der Reichen mit ihren Prunkbauten und der Armen in den Elendsvierteln. Der korrupte Klerus lebt seinen ausschweifenden Lebensstil und schert sich nicht im Geringsten um den auferlegten Zölibat. Wer gerne historische Romane liest, ist beim "Palast der Borgia" richtig und angesichts der Skandale und Machenschaften vergehen 600 Seiten wie im Flug!