"Und so trug man mich in den Wald und ich wurde wieder ein Gesetzloser..."

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blueamalthea Avatar

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Normalweise bewege ich mich in anderen Fantasy-Welten und bevorzuge als Frau weibliche Protagonisten mit einem Hauch Romance (um nicht Kitsch zu sagen;)), doch schon als ich die viel zu kurze Leseprobe von Anthony Ryans „Der Paria“ auf dem virtuellen Papier sah, war es um mich geschehen, so dass ich sehr glücklich war, ein kostenloses Leseexemplar gewonnen zu haben. Da lag er nun, der 720 Seiten Wälzer mit dem mysteriösen Kapuzenmann auf dem Cover.

Im Auftaktband der künftigen Trilogie um den siebzehnjährigen Burschen Alwyn, begleiten wir unseren Protagonisten in eine mittelalterlich anmutende Welt, die vom Krieg zermürbt wird. Er ist Teil einer Bande Gesetzloser um deren König der Diebe. Doch während seine Kumpane nur die nächste Beute sehen und Freude daran haben, reiche Schnösel aufzumischen, reimt sich Alwyn aus den Details seine Umgebung, aufgeschnappten Wortfetzen und dem aufmerksamen Blick auf die Geschehnisse selbst zusammen, dass mehr hinter dem schwelenden Konflikt zwischen König und Präsident steckt und befindet sich bald mittendrin in einem Chaos, das ihn alles zu verlieren droht.

Wow – das war meine erste Reaktion, nachdem ich den Buchdeckel zugeklappt hatte. Anthony Ryans Schreibstil hat mich die ganzen 720 Seiten über gefesselt und mit Alwyn mitfiebern lassen. Besonders geschickt empfand ich dabei das Stilmittel der „Rückblende“. Obwohl die Geschichte aus Sicht des älteren Alwyns erfolgt und man somit weiß, dass er selbst aus brenzligen Situationen offensichtlich heil herausgekommen sein musste, heißt das nicht, dass die Handlung deswegen vorhersehbar gewesen wäre, ganz im Gegenteil. Mich hat es nur umso neugieriger gemacht, wie er es geschafft hat, welche Twists dabei entscheidend waren und auch wie die reifere, erfahrenere Version unseres Protagonisten im Nachhinein über seine Entscheidungen denkt.

Ryans Charaktere haben mir gut gefallen, keiner erschien mir ZU gut oder ZU böse, sondern einfach menschlich, mit Stärken, Schwächen, Makeln, aber eben auch herausragenden Eigenschaften. Besonders Alwyn entwickelt sich glaubhaft im Laufe der Geschichte, ohne dabei ein Übermensch zu werden. Seine Schlagfertigkeit hat mich wahrlich mehr als einmal Schmunzeln lassen und seine scharfe Beobachtungs- und Kombiniergabe waren für mich bisweilen ziemlich beidenswert.

Ebenso gut gefallen hat mir das World-Building mit den verschiedenen Völkern, deren Kulturen, Traditionen, Ritualen und sonstigen Besonderheiten. Die Landkarte hat mir zum Glück bei der Orientierung geholfen, allerdings hätte ich gern, wie auch von meinen Vorrednern angemerkt, einen Glossar oder eine Legende oder ähnliches gehabt, um die wichtigsten Völker, Gottheiten etc. nachschlagen zu können. Ich hoffe, dass der zweite Band solch eine Sammlung enthält, da die vielen Details bis zur Veröffentlichung sicherlich anteilig in Vergessenheit geraten werden. Nichtsdestotrotz werde ich Alwyns Weg weiter verfolgen und bin sehr gespannt auf die Fortsetzung.