Weglegen ausgeschlossen!

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nachtfledermäuschen Avatar

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Das Cover hatte ich in meiner ersten Einschätzung glaube ich als altmodisch oder langweilig bezeichnet. Diese Einschätzung muss ich mit dem Buch in Händen doch etwas korrigieren. Sowohl das Rot, als auch das Blau des Covers sind -vermutlich heißfolienlaminierte - glänzende Metallicfarben, die das Cover trotz des simplen Aufbaus sofort ins Auge springen lassen. Die grobere Struktur des Coverpapiers und die damit verbundenen taktilen Reize, wenn man es in der Hand hält, erfreuen das Herz eines jeden Ebook-Verweigerers wie meinereinen.

Der erste Absatz des Buches lässt die Vorfreude auf das Kommende sofort aufblühen. Ein schlecht sehender Pfau, der alles blau Glänzende für Rivalen hält, entfacht einfach die Fantasie und stimuliert die Lachmuskeln!

Ich bin ein Duschmensch. Nicht von Geburt. Umständehalber. Früher war ich leidenschaftlicher Bademensch. Und zwar richtig. Stundenlang. Mit kaltem-Wasser-ablaufen und heißes-Wasser-nachlaufen lassen. Mehrmals. Dösen. Lesen. Haare waschen. Lesen. Dösen. Herrlich!
Nach dem Genuss der ersten Seiten hatte ich plötzlich Lust auf genau solch einen Badewannenausflug! Jetzt habe ich das Buch mit verträumtem Lächeln zur Seite gelegt und gehe erfüllt von Vorfreude an die Hausarbeit, damit ich mich danach in der Wanne räkeln und den herrlich humorigen Schreibstil weiter genießen kann.

Ich konnte das Buch vergangene Nacht nach meinem Badewannenausflug einfach nicht zur Seite legen, weil vor dem nächsten - übrigens nicht nummerierten - Kapitel immer eine Art Cliffhanger kommt und ich unbedingt wissen wollte, wie sich die Sache weiter entwickelt. Somit habe ich das knapp 250 Seiten starke Buch in einem Rutsch durchgelesen! Das ist mir noch nie passiert! Aber dieser zauberhafte Schreibstil läd einen geradezu dazu ein, ganz in die Geschichte einzutauchen und sich von ihr Tragen zu lassen.

Zu Beginn des Buches werden die Charaktere vorgestellt, und das so absolut charmant, dass man die Personen sofort lieb gewinnt - und zwar alle!
Ein klein wenig enttäuscht war ich, dass der Pfau so wenig aushecken durfte und ziemlich lange habe ich noch gehofft, dass er doch wieder auftaucht. Wegen so ein bisschen Hormonstörung… Wenn ich da an so manchen Jugendlichen denke oder an Schwangere.. Aber egal. :O) Mit Ankunft der Banker verlagert sich der Hauptteil der Geschichte auf diese Gruppe, die einzelnen Leute und ihre Beziehungen untereinander. Das Buch ist nicht aus der Ich-Perspektive geschrieben. Der Erzähler weiß auch nicht alles - er weiß immer nur so viel wie die Person, in dessen Perspektive er in den jeweiligen Absatz schreibt; auch die Wortwahl ändert sich mit einem Wechsel der Person. Es ist wunderbar, wie sich die Geschichte dreht und wendet mit jeder ausbleibenden Kommunikation. Jeder denkt sich seinen Teil - sagt aber nichts. Würden alle ihr Wissen in einen Topf werfen, wäre die Geschichte klar, aber das tun sie nicht. So hat jeder für sich eine eigene Version der Ereignisse entwickelt, die zwischendurch immer mal wieder aufgelistet werden, um sicher zu stellen, dass der Leser noch mitkommt, wer genau gerade was weiß/denkt.
Die Seiten wurden immer weniger, die Banker fahren zurück in die Stadt, die Geschichte scheint irgendwie beendet und genau dann im letzten Satz lässt die Autorin die Pointe aus einer völlig unerwarteten Richtung zuschlagen und gibt dem Buch damit ein ohne Frage würdiges Ende!

Hinter der Geschichte steht für mich das Bedürfnis sich vor anderen nicht bloßzustellen, sondern zu verstecken und so zu sein, wie man denkt, dass die anderen meinen, dass man sein sollte. Deshalb teilt sich niemand mit, sondern ist angespannt und gestresst, was nicht gerade zur Vermeidung von Konflikten beiträgt. Was wir wohl alles erreichen könnten, wenn wir offen kommunizieren und uns für die Menschen um uns herum und deren Wissen interessieren würden? Weltfrieden ist wohl zu hoch gegriffen, aber weniger Konflikte und entspanntere Menschen wären bestimmt drin. :O)

In meinem ersten Leseeindruck hatte ich geschrieben, dass ich gerne testen würde, ob das Buch halten kann, was die Probe verspricht. Ich muss sagen, es kann! Auch wenn die Wendungen nicht immer dahin führten, wo man dachte.