Kunstraub, Geheimdienste und Menschlichkeit

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fuechslein Avatar

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Für mich bietet die Geschichte eine bisher nie gelesene Kombination an Hintergründen und Ereignissen, die zu einer immer spannender werdenden Story verwoben sind.

Hauptfigur ist der israelische Top-Spion und Kunstrestaurator (sowie -Fälscher) Gabriel Allon. Er soll im Auftrag der italienischen Polizei den Mord an einem britischen Kunsthändler untersuchen, der in seiner Villa am Comer See tot aufgefunden wurde. Daraus entwickelt sich ein rasantes Katz- und Maus-Spiel unter Beteiligung des israelischen, britischen und Schweizer Geheimdienstes, mit korsischen Maffiosi, französischen Dieben und russischen Dissidenten als Verbündeten und den syrischen Machthabern als mächtigem Gegner. Die Schauplätze wechseln ebenso flink wie die Identitäten einiger Protagonisten. Venedig, Paris, London, Genf, Linz, Der Attersee, Südfrankreich, Tel Aviv ... Das alles ist so packend geschrieben, dass es an keiner Stelle zu politisch-theoretisch oder gar langweilig wird. Erschreckend fand ich die Aktualität der Syrien-Problematik. Die Folgen der im Buch beschriebenen Terrorherrschaft sind die gerade nach Europa und Deutschland fliehenden Menschen. Die tragische Vergangenheit der Jihan Nawaz gibt dem Leid des syrischen Volkes ein Gesicht. Dass sie zur "8-Milliarden-Dollar-Frau" wurde, klingt fast zu schön, um in der realen Welt wahr zu werden.

Die Figuren sind, so sie zu den "Guten" gehören, fast ausnehmend liebenswert mit kleinen Macken gezeichnet. Selbst Profikiller haben einen Ehrenkodex. Und Mitglieder des Britischen Geheimdienstes waren ja schon immer "very british", oder? Mir persönlich gefiel, dass er ermordete "Schurke" Bradshaw sich am Ende als Nicht-Schurke erwies, der im Andenken an seine ermordete Geliebte gehandelt hatte.

Von der Sprache her ist das Buch schnell. Das heißt, die Sätze sind relativ kurz gehalten, auf das Wesentliche konzentriert, ohne steril zu wirken. Wichtige Sinneseindrücke wie der Rosenduft am Attersee oder die Atmosphäre einer südfranzösischen Kleinstadt werden trotzdem nachvollziehbar vermittelt. Viele Dialoge lockern die Handlung auf. Notwendige Erklärungen, deren der Leser bedarf, geben die Figuren sich ganz unauffällig gegenseitig.

Ich weiß, dass es noch weitere Bücher mit Einsätzen des Gabriel Allon gibt. Vielleicht versteckt sich dort die Erklärung, warum er das idyllische Leben in Venedig aufgibt, gerade als seine Frau Chiara Zwillinge erwartet, und den Posten des Direktors des israelischen Geheimdienstes übernimmt. Von nun an Leibwächter statt Idylle und Panzerglas statt Abendwind von der Lagune. Die Logik dieses Entschlusses bleibt mir zumindest in diesem Teil verborgen.

Alles in allem ein Buch, das ich Thriller-Lesern nur empfehlen kann. Ganz klar 5*****