Zugleich packend und emotional berührend

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Cover und Titel von "Der rechte Pfad" erwecken bereits einen subtil bedrückenden Eindruck. Der stilisierte Mond hinter den Ästen lässt an Heimlichkeit, Nacht und dunkle Geheimnisse denken, und der Titel lässt bereits erahnen, dass "der rechte Pfad" nicht unbedingt der richtige Pfad ist.

Der Roman vermag ab der ersten Seite zu fesseln: Der Einstieg in Bennis Vergangenheit wirkt an der Oberfläche auf perfide Weise fast idyllisch, was jedoch sofort durch die Zeichen drohenden Unheils untergraben wird: die Spiegel, die Schüsse, die Kreuze am Rand der Straße – bereits ab der ersten Seite wird klar, dass Bennis Kindheitserinnerungen alles andere als nostalgisch sind. Als er dann Jahre später nach Welsum zurückkehrt, ist das (noch namenlose) Trauma immer noch präsent. Geschickt webt die Autorin Andeutungen ein, die den Ernst der Lage verdeutlichen, ohne zu verraten, was damals geschehen ist. Umso neugieriger bin ich als Leserin nach der Lektüre der Leseprobe: Was ist mit Hanna geschehen? Hanna, die vermutlich tot ist. Und warum ist Benni ausgerechnet hierher zurückgekehrt? Was zieht ihn an diesen Ort?

Die Begegnung mit Lea wirft mehr Fragen auf: Offenbar sind die beiden vor langer Zeit nicht im Guten voneinander geschieden. Und offenbar hat sich vieles im Ort verändert. All diese Figuren – Gideon, Klaus, Lea, Hanna – sind noch nicht so recht greifbar, aber die kleinen Informationshäppchen, die der Roman auf den ersten Seiten über sie gibt, machen wahnsinnig neugierig. Dazu kommt ein Stil, der mal poetisch und bildhaft, mal roh und beinahe grob wirkt und damit wunderbar zum ersten Eindruck von der Handlung passt. Benni scheint ein ambivalentes Verhältnis zu seiner Vergangenheit zu haben, und ich bin extrem neugierig auf seine Geschichte – und auf seine Gegenwart. Was wird er jetzt in Welsum tun?

Der erste Eindruck von "Der rechte Pfad" ist der eines originellen, tiefgründigen und tragischen Romans, der sehr eng an seinen Figuren bleibt und zugleich Spannung aufzubauen vermag, ohne reißerisch zu sein. Genau mein Ding!