Bewegendes literarisches Zeitdokument

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Die vorliegende Ausgabe von "Der Reisende" ist die deutsche Erstausgabe des 1938 von Ulrich Alexander Boschwitz geschriebenen Romans. Eine Zusammenarbeit zwischen Lektor und Verlag war hier nie möglich: der Autor verstarb bereits 1942, also bevor an eine Veröffentlichung auf Deutsch überhaupt zu denken war. Dadurch ist es ein authentisches, nahezu unverändertes Zeitdokument, was es in meinen Augen zu einer interessanten und wichtigen Lektüre macht.
Der Leser erlebt die rastlosen Gedankengänge, die Unsicherheit, die Sorgen um sich und seine Familie, aber auch um seine Firma und sein Vermögen mit. Otto Silbermann befindet sich im Zwiespalt: es fällt ihm auch nach fünf Jahren Nazi-Herrschaft schwer, die neue Realität mit dem Deutschland in Einklang zu bringen, das ihm seit seiner Geburt Heimat war. Man kann durch die Person Otto Silbermann nachvollziehen, warum es auch in der Realität leider so viele Juden gab, die Deutschland trotz aller Warnungen nicht verlassen haben. Während seiner Odysee trifft Otto Silbermann eine Vielzahl von Mitbürgern, die sich alle unterscheiden und so wohl ein gutes Abbild der Deutschen 1938 geben.
Sprachlich ist es in seiner Zeit verhaftet und manchmal vielleicht nicht ganz ausgereift, was sich hin und wieder etwas ungewohnt liest.
Insgesamt aber ein interessantes und wichtiges Zeitzeugnis!