Reise in die Vergangenheit

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topper2015 Avatar

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"Deutschland im November 1938. Otto Silbermanns Verwandte und Freunde sind verhaftet oder verschwunden. Er selbst versucht, unsichtbar zu bleiben, nimmt Zug um Zug, reist quer durchs Land. Inmitten des Ausnahmezustands. Er beobachtet die Gleichgültigkeit der Masse, das Mitleid einiger Weniger. Und auch die eigene Angst.

Der jüdische Kaufmann Otto Silbermann, ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft, wird in Folge der Novemberpogrome aus seiner Wohnung vertrieben und um sein Geschäft gebracht. Mit einer Aktentasche voll Geld, das er vor den Häschern des Naziregimes retten konnte, reist er ziellos umher. Zunächst glaubt er noch, ins Ausland fliehen zu können. Sein Versuch, illegal die Grenze zu überqueren, scheitert jedoch. Also nimmt er Zuflucht in der Reichsbahn, verbringt seine Tage in Zügen, auf Bahnsteigen, in Bahnhofsrestaurants. Er trifft auf Flüchtlinge und Nazis, auf gute wie auf schlechte Menschen. Noch nie hat man die Atmosphäre im Deutschland dieser Zeit auf so unmittelbare Weise nachempfinden können. Denn in den Gesprächen, die Silbermann führt und mithört, spiegelt sich eindrücklich die schreckenerregende Lebenswirklichkeit jener Tage."

Der einzige negative Aspekt, bzw. was mir negativ aufgefallen ist, was der sehr lange Einstieg in das Buch. Ich habe sehr lange gebraucht, um in die Story hineinzufinden. Wenn man jedich dranbleibt, lohnt es sich. Es wurde immer spannender und Silbermanns sich stetig steigerndem Wahnsinn quasi wortwörtlich beim wachsen zuschauen.

Die Atmosphäre, die sich während des Lesens bei mir gebildet hat war sehr bedrückend, spannungsgeladen aber auch vor allem sehr nachdenklich. Man kennt ja fast nur Sachtexte und Berichte über den zweiten Weltkrieg und die Judenverfolgung, aber diese sind meistens sehr distanziert und nüchtern geschrieben. "Der Reisende" jedoch ist durch den Autor als "Zeitzeugen" sehr authentisch und emotional, obwohl der Protagonist Silbermann an sich kein emotionaler Mensch ist und viel über seine Gefühle spricht. Aber die Kombination aus der Thematik, der Authentizität des Autor, dem Schreibstil und den Figuren konnte ich den geschichtlichen Hintergrund ganz anders und viel intensiver wahrnehmen.

Zum Abschluss noch ein Satz: Nach dem Lesen des Buches, denkt man noch immer über das Geschriebene nach. Der "Inhalt" ist noch lange nicht beendet...