Zeitzeugnis

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kuddel Avatar

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Ulrich A. Boschwitz hat den Roman "Der Reisende" bereits 1938 verfasst, er konnte als Jude 1935 rechtzeitig emigrieren, fiel dem Krieg aber dennoch später zum Opfer. Das schwarz-weiß gehaltene Cover passt perfekt zu der Geschichte. Otto Silbermann ist ein wohlhabender Jude. Die Gefahr um sich herum hat er lange ignoriert, wie viele Andere hegte er die Hoffnung, dass der Spuk vorübergehen und es schon nicht so schlimm kommen würde. Er erfasst den Ernst seiner Situation erst, als er vor Schlägern, die in seine Wohnung eindringen, fliehen muss. Fortan reist er mit der Bahn durch Deutschland, da eine Flucht ins Ausland nicht möglich ist. Da er arisch aussieht und über Bargeldreserven verfügt, gelingt es ihm lange Zeit sich in der Öffentlichkeit zu verstecken.
Die Geschichte wird aus der Perspektive Silbermanns erzählt. Durch die Ich-Erzählung nimmt man an den Gedanken des Protagonisten direkt Anteil, kann seine Zweifel und Ängste miterleben, sowie seine Entwicklung auf der Flucht. Zeitweise kann man die beängstigende Atmosphäre gut nachempfinden, dies wird beim Lesen dadurch verstärkt, dass man das Ende Silbermanns durch die Kenntnis der Weltgeschichte voraussieht.
Da der Roman bereits 1935 verfasst wurde haben wir eine authentisches Zeitzeugnis, der andere Sprachstil der Zeit unterstreicht dies.
Das Werk ist lesenswert, der Sprachstil wird denke ich nicht jedem gefallen.