Zu reißerisch

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evaczyk Avatar

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Man kann es als Krimi- und Thrillerautor auch übertreiben. Dann nämlich, wenn aus einem durchaus interessanten Plot ein so reißerischer Roman gemacht wird, dass es auf Kosten jeglicher Glaubwürdigkeit geht. So geschehen bei "Der Riffgeist" von R.P. Hahn, der mich leider so gar nicht überzeugen konnte.

Dabei griff ich mit großen Erwartungen zum Buch, auch wenn ich die Rügen-Reihe des Autors bisher nicht kannte. Doch Hahn ist vor allem Drehbuchautor - das garantiert in der Regel verdichtete, visuelle Darstellung und Texte mit starken Dialogen. Dass der Autor obendrein für das Drehbuch von "Das Wunder von Bern" verantwortlich gezeichnet hatte, schien ebenfalls eine Empfehlung.

Leider wurde ich enttäuscht. Viel Drama wurde hineingelegt in eine Geschichte von strauchelnden Polizisten, Menschenhandel und einem syrischen Flüchtlingsmädchen, um Selbstjustiz und den Mord an einer schönen jungen Frau. Doch es war zuviel des Guten, irgendwie over the top, zu viel Blut und Tränen, menschliche Abgründe und emotionales Dilemma. Bloß weil eine Buchfigur leidet, gewinnt sie noch lange nicht an Tiefe, wird sie nicht überzeugend und lädt zur Identifikation ein.

So geraten nahezu alle Figuren dieses Buches eher plakativ, vieles wirkt konstruiert und passt nicht zusammen. Mit dem namengebenden "Riffgeist" wird zudem noch eine Figur aus der Vergangenheit eines suspendierten Ermittlers und obendrein eine alte Liebesgeschichte hinzugeholt - das ist dann schlichtweg Überfrachtung einer Handlung, der ein paar Straffungen durchaus gut getan hätten.

Das Thema modernen Menschenhandels hätte es ebenfalls verdient, weniger reißerisch bearbeitet zu werden. Ich fürchte, ich kann dieses Buch nur Fans von Action-Filmen empfehlen, die zur Abwechslung mal ein Buch in die Hand nehmen wollen. Schade.