Geniestreich oder Griff daneben?

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Ein düsteres Bild zaubert uns Andreas Gößling vor Augen – dunkle Beschwörungen, Weltuntergangsszenarien, religiöser Krieg zwischen verschiedenen Völkern und all überall die Schlange! Nicht einmal die zarten Liebesplänkeleien erhellen den Himmel über Dunibien. Rabov ist kein üblicher Held, wie in so vielen Fantasie-Geschichten. Eigentlich ist er eher sogar feige, weichkernig und nur seine harte Ausbildung als Spezial-Agent der Mysto (Mysteriöse Todesfälle) und sein Schwur dem König gegenüber läßt ihn handeln. Gößling versteht sich darauf, auch blutrünstige Szenen, wie das Hervorbrechen der Schlange aus dem Menschen, zwar detailgetreu, aber dennoch “sanft” wirken zu lassen, so dass der Leser sich nicht vor Grauen vom Buch abwendet. Seine geistigen Höhenflüge werden aber leider teilweise nicht näher beschrieben, wie der Yasna-Baum, die Syrassen, die Gora-Vögel, was ich persönlich schade finde. Denn: sich in einer fremden Welt zurecht zu finden, die so fantastisch gezeichnet wird, ohne nähere Beschreibungen darüber zu finden (nicht einmal ein Glossar hat das Buch), läßt die Fantasie verblassen und die Welt wirkt nicht real genug, um darin einzutauchen. Schade! Da wäre sicherlich mehr drin und dafür gibt es von mir deutliche Punkteabzüge. Ein weiterer Punkteabzug bewerkstelligt das Ende, welches mich völlig verwirrt und in mir die Frage erzeugt, ob es denn einen zweiten Band dazu gibt??? Zu offen ist mir einfach der Schluß, um eine befriedigende Lösung zu sein…

Der Autor weiß aber dennoch all die anfangs verwirrenden Fäden am Ende zu einem schönen Band zu flechten. Der “hölzerne” Nachtparder im Prolog, Sico und Maki, der schleimige Assistent Port, die seltsamen Todesfälle, die “weiße” Schlange, Zoran, der Hohepriester der Ragadhani... all dies und einiges mehr noch, werden schlüssig zu einem Bild geformt. Und doch läßt mich das Buch völlig unbefriedigt zurück in der Realität. Ich kann nicht einmal in Worte fassen, was mich stört oder was fehlt, um für mich das Gesamtbild abzurunden. Ist es, weil die Liebe hier eindeutig zu kurz kommt (selbst Liki wühlte mich nicht so auf, wie sie es bei Samu Rabov schaffte)? Liegt es daran, dass Rabov, der der rettende Held sein sollte, am Ende in etwas eintaucht und verschwindet ohne Dunibien wirklich beizustehen? Oder ist gerade sein Kopfsprung die Rettung?

Je mehr ich darüber nachdenke, desto stärker wird in mir die Gewissheit, dass Andreas Gößling Andeutungen in der Geschichte versteckt hat und dich mich nicht mehr in Ruhe lassen, die mein Gehirn in Aktion halten, obwohl das Buch zu Ende gelesen ist. Oder suche ich nur verzweifelt nach einem Grund, um zu verstehen was da am Ende wirklich passiert ist? Wirkliches Kopfzerbrechen macht mir nicht die Geschichte selbst, sondern nur der allerletzte Absatz, der – meiner Ansicht nach – sogar nicht dazupaßt.
Bei manchen Ausdrücken habe ich mich gefragt, woher Gößling diese Ideen kamen: Lichtich ist so ein Ausdruck, der mich irgendwie an ein Kind erinnert, dass verzweifelt versucht die “helle Magie” zu umschreiben. Dunkeldu der nächste, der mich eher an Kindersprache erinnert (deutlich stand mir der österreichische Satz _Du-du, das tut man nicht_ mitsamt erhobenen Zeigefinger vor Augen). Der Widerstreit von dunkler und heller Seite (auch im magischen Bereich) war aber deutlich zu erkennen. Das eine ist zwar nur geduldet, aber dennoch irgendwie erlaubt, während das andere verboten ist und auch geahndet wird.

**Fazit:** Das Buch ist meiner Meinung nach nicht die leichte Lektüre, die man sich erwartet. Und auch wenn ich geschrieben habe, dass es “Punkteabzüge” gibt, könnte ich schwer sagen, ob dieser Roman nun 5 oder 7 Punkte von mir bekommt (während 10 bei meiner persönlichen Wertung die höchste Punkteanzahl wäre!). Ich schwanke einfach zwischen “gefällt mir gut” und “na ja, nicht schlecht”. Eines weiß ich jedoch, ich werde das Buch zu einem späteren Zeitpunkt sicherlich noch einmal lesen. Vielleicht bringt die Zeit das, was mich jetzt eher unzufrieden zurückläßt!