Feenmärchen

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Um die hohe Kunst der eleganten Konversation zu pflegen, entwickelten sich im ausgehenden 17.Jahrhundert, im Schatten des Hofes König Ludwig Ludwig XIV., sogenannte literarische Salons. Initiiert wurden sie von oft weiblichen Adligen die in der Regel nur eine klösterliche Ausbildung „genossen“. Sehr schnell erkannten die Damen, dass diese Art der Zusammenkünfte fast wie universitäre Einrichtungen funktionierten und sie somit ihre eigene Bildung um ein Vielfaches im Verborgenen erweitern konnten.
Die spätere Schriftstellerin Marie d'Aulnoys betreibt einen ebensolchen Salon und trifft sich in regelmäßigen Abständen mit intellektuell interessierten Damen der adligen Gesellschaft um sich Geschichten von „Mutter Gans“ (so wurden die mündlich überlieferten Sagen und Märchen in der französischen Bevölkerung genannt) oder auch selbst erdachte Märchen zu erzählen. Doch die Intrigen, Neid, Klatsch und Tratsch machen auch vor diesem Salon nicht halt, denn der Sonnenkönig hat überall seine Spione…

Clare Pollard erzählt in ihrem Roman „Der Salon der kühnen Frauen“ die geschichtliche Entstehung der literarischen Salons in Frankreich anhand der für ihre späteren Feenmärchen bekannten Schriftstellerin Marie d'Aulnoy. Geschickt verbindet sie weitere historische Persönlichkeiten und deren Lebensgeschichte, einige hatten tatsächlich eine Verbindung zu der Adligen, andere wiederum nur dieselben Interessen an Literatur und geistreicher Konversation. Geschickt verwebt sie die oft nur angeschnittenen Märchen mit der Lebensgeschichte der Salonteilnehmerinnen. Hierbei fand ich es zunehmend interessant, wie die Überlieferung der Märchen sich gesamteuropäisch entwickelt hat. Viele Märchen die wir heute aus den Sammlungen der Gebrüder Grimm kennen, haben ihren Ursprung schon in italienischen und französischen und englischen Geschichtensammlungen einige Jahrhunderte vorher. Diese Darstellung, die Beleuchtung des höfischen Lebens unter dem Sonnenkönig, die Beschreibung der Intrigen und Verfolgungen waren allesamt aufschlussreich und unterhaltsam. Gestört haben mich jedoch die für mein Leseempfinden seltsam abrupt eingesetzten Stilwechsel von anspruchsvoller Literatur zu wirklich obszöner Unterhaltungsliteratur. Kultivierte Literatur mit Erotik zu verbinden hat seinen Reiz, hier jedoch übertreibt die Autorin maßlos und bedient sich einer wirklich vulgären Darstellung.

Fazit: Geistreich und vulgär, eine Kombination die man mögen muss.