Spannend, aber nicht ganz so gut wie die Vorgänger

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Nachdem ich 2016 sowohl „Die Falle“ als auch „Die Wahrheit“ mit Begeisterung gelesen habe, war die Vorfreude auf Melanie Raabes neuestes Werk bei mir natürlich groß. Die Idee ist so simpel wie genial: Was macht eine Prophezeiung, nach der wir einen Menschen töten sollen, mit uns? Was löst es in uns aus? Ist man wirklich in der Lage, zu einem Mörder zu werden?

Für „Der Schatten“ hat die Autorin sich als Setting Wien und den Winter ausgesucht. Alles ist grau und düster, die Kälte und Melancholie, die man in diesen Monaten verspürt, ist passend zum Thema. Mit dem Anfang der Geschichte hatte ich ein paar Probleme, denn es zog sich wirklich in die Länge. Das hatte ich auch bei den ersten beiden Büchern der Autorin, diesmal tritt die Spannung aber erst weitaus später ein, als ich es bisher kannte. Die Hiobsbotschaft mit dem Mord am 11. Februar kam sehr schnell, vieles in der Zeit zwischen der Prophezeiung und besagtem Tag selbst wirkte auf mich teilweise unwichtig und zu lang.

Jeder ist in der Lage, einen anderen Menschen zu töten, wenn er nur einen guten Grund dazu hat. Jeder. Auch du.
S. 84

Dennoch weis Melanie Raabe auch hier, wie sie den Leser in die Irre führt. Zunächst wirkte die Handlung unschlüssig und Fragen über Fragen türmen sich auf. Wer – wie ich – die Bücher der Autorin kennt, weiß aber, dass am Ende alles ein Gesamtbild ergibt, dass sämtliche Fragen und die ganze Verwirrtheit einen bestimmten Grund haben. Melanie Raabe spielt also auch hier wieder gekonnt mit der Psyche des Menschen. Manches war dabei viel zu offensichtlich, sodass ich leider über die Naivität der Protagonistin den Kopf schütteln musste, manches war aber so auch nicht zu vermuten.

Ein weiter Punkt, der mich störte ist das Ende. Wie bei „Die Wahrheit“ kann man darüber diskutieren, wie real oder absurd es ist. Das Ende, also die Prophezeiung, tritt einige Zeit vom dem tatsächlichen Ende des Buches ein. Danach gibt Melanie Raabe nochmals einen Rückblick, in dem sie tatsächlich alles auflöst. Auch hier lässt sich darüber streiten, wie man diesen Erzählstil findet. Mich persönlich störte es, denn ich wusste dann sehr genau, wie die Auflösung aussieht. Diesen Rückblick zu Ende lesen war dann nur noch, um die Bestätigung dafür zu erhalten, was ich mir eh schon dachte.

Allerdings muss ich dennoch anmerken, dass der Ausgang der Prophezeiung selbst tatsächlich ziemlich überraschend war und das zum Ende hin, viele Themen, die vorher irgendwo unterschwellig vorhanden waren schlüssig von der Autorin verknüpft wurden.

ZUSAMMENFASSEND
In ihrem dritten Buch „Der Schatten“ spielt Melanie Raabe wieder gekonnt mit der Psyche des Menschen und führt einen in die Irre. Leider war der Weg zum Ende aber diesmal etwas mühselig, da die Spannung erst sehr spät eintritt und vieles im Verlauf für mich sehr unwichtig wirkte. Zwar bietet es vor allem in Bezug auf die Prophezeiung einige Überraschungen, der am Schluss eingefügte Rückblick und damit die tatsächliche Auflösung waren dagegen sehr vorhersehbar. Für mich kann das Buch nur bedingt mit den vorherigen Büchern der Autorin mithalten, ein paar spannende Lesestunden hatte ich ab der Hälfte aber trotzdem, sodass man ruhig einen zweiten Blick auf das Buch werfen kann.