Berührend, humorvoll, zum Nachdenken anregend

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helena Avatar

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Dieser Gegenwartsroman erzählt die Geschichte von Janis, einer überqualifizierten Nachtwache in einem Schlaflabor, und Sina, die augfrund ihrer massiven Schlafprobleme vom Arzt in das Schlaflabor geschickt wurde.
Beide, fast gleichaltrige, Frauen sind mit tiefgehender Einsamkeit konfrontiert und befinden sich in einer schwierigen Lebensphase. Janis, die lange als Krankenschwester gearbeitet hat, zog sich nach einem einschneidenden Erlebnis zurück und kämpft mit Panikattacken, Melancholie und aufgrund der jahrelangen Wechselschichten ebenfalls mit Schlafproblemen. Sina hingegen ist als Gymnasiallehrerin tätig, ist verheiratet, hat zwei Kinder und einen Hund. Die eigenen Träume, selbst Kunst zu erschaffen, anstatt nur zu unterrichten, hat sie frühzeitig aufgegeben. Über die Jahre hat sie das Gespür für sich verloren und ist hochbelastet aufgrund ihres Nicht-Schlafen Könnens.
In einer Nacht, in der sich die Wege der zwei Frauen kreuzen, entsteht nun eine sehr ehrliche und tiefgehende Verbindung zwischen den beiden. Diese Begegnung bringt beide dazu, ihr Leben schrittweise zu ändern.

Der Roman gewährt interessante Einblicke in das Thema Schlaf und Schlaflosigkeit. Zudem greift er verschiedene Themen auf, die zum Nachdenken anregen. Er zeigt die vielfältigen Rollenerwartungen, denen Frauen ausgesetzt sind sowie die hohe Belastung im pflegerischen Sektor. Außerdem thematisiert er Verlusterlebnisse und das menschliche Miteinander. Im Mittelpunkt steht auch die Frage, was passiert, wenn man einfach nicht mehr funktioniert. Die Leistungsgesellschaft wird hier durchaus kritisch betrachtet und das Nichtstun dagegen gestellt. Einige zentrale Aspekte des Lebens werden herausgearbeitet: Da-sein, Wach-sein, sich selbst spüren können und das Gefühl, gesehen zu werden.

Der Schreibstil ist flüssig, feinfühlig und angenehm zu lesen. Die Entwicklung der Geschichte war für mich etwas unerwartet, da die Nachtbegegung nur den Beginn markiert, die beiden Frauen dann aber über weite Strecken unabhängig voneinander ihren Weg gehen. Diese Veränderungen, die beide Frauen mehr oder weniger aktiv beginnen, lesen sich berührend, humorvoll und teilweise etwas skurill. Viele Zufälle und ungewöhnliche Ereignisse verleihen der Geschichte eine leichte, komödiantische Note, ohne aber den tiefgründigen Kern zu verlieren. Ich mochte die Leichtigkeit, die dadurch entstand.

Fazit: Ein einfühlsamer Roman, der zum Nachdenken anregt und durch seinen angenehmen Schreibstil sowohl humorvolle als auch ernsthafte Momente bietet.