Ein zufälliges Zusammentreffen bringt einiges ins Rollen

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kalteasche Avatar

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In "Der Schlaf der Anderen" erzählt Tamar Noort von zwei Frauen, deren zufälliges Zusammentreffen einiges ins Rollen bringt.

Sina, eine Kunstlehrerin Mitte 40, kämpft schon länger mit heftigen Schlafproblemen. In einem Schlaflabor will sie endlich der Ursache auf den Grund gehen. Dort begegnet sie Janis, die dort nachts arbeitet und ebenfalls unter den Auswirkungen ihres gestörten Schlafrhythmus leidet – verursacht durch die ständigen Nachtschichten.

Zwischen den beiden entsteht schnell eine Verbindung. Sie teilen nicht nur ihre Schlaflosigkeit, sondern auch das Gefühl, in einer Lebenssituation festzustecken, die sich schon viel zu lange falsch anfühlt.

Besonders Sina spürt, wie weit sie sich von ihren eigentlichen Träumen entfernt hat. Sie wollte eigentlich Künstlerin sein, doch heute fühlt sie sich als Ehefrau und Mutter in ihrer Beziehung zunehmend unsichtbar und isoliert. Die gemeinsame Nacht im Schlaflabor setzt bei beiden etwas in Bewegung.

Wer eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen wie psychischer Erschöpfung, Rollenerwartungen oder struktureller Unsichtbarkeit erwartet, könnte ein wenig enttäuscht sein. Noort streift diese Aspekte zwar an (Burnout, Überforderung, Anpassungsdruck sind definitiv präsent), aber sie werden eher angedeutet als konsequent durchdrungen. Es fehlt manchmal an Tiefe, an Wucht, an emotionaler Zuspitzung. Die großen Fragen werden angerissen, aber nicht wirklich weiterverfolgt. Das lässt die Geschichte stellenweise fast zu sanft wirken.

Was bleibt, ist dennoch ein feinfühliger, atmosphärischer Roman, der berührt, aber eben eher auf eine leise, zurückhaltende Art. Kein Buch, das einen wachrüttelt oder aufrüttelt, sondern eines, das still nachklingt. Es lädt zum Innehalten ein, zum Nachdenken über das, was man selbst vielleicht längst aus den Augen verloren hat.