Potential, das verpufft
Ich habe "Der Schlaf der Anderen" als Hörbuch gehört – und muss sagen, die Sprecherin war ein absoluter Gewinn. Sie trägt den Text souverän, mit dem richtigen Gespür für Pausen und Stimmung. Leider konnte das für mich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Geschichte selbst mich zunehmend verlor.
Die Sprache ist zwar bildhaft, aber für meinen Geschmack nicht dicht genug, um die Grundidee zu tragen. Nach dem Klappentext und der Leseprobe war ich sehr gespannt – doch schon bald irritierten mich die Protagonistinnen. Sina hätte ich am liebsten wachgerüttelt: Sie erkennt das Problem klar, aber handelt nicht. Janis dagegen driftet in eine fast unheimliche Richtung, sodass ich mich zwischenzeitlich fragte, ob ich nicht in einem Psychothriller gelandet bin.
Auch die Nebenfiguren wirkten oft wie Karikaturen: ein Schulleiter, der fehl am Platz ist, ein Ehemann, der zwar nichts „Falsches“ tut, aber emotional unerreichbar bleibt, eine Mutter, die beim Vornamen genannt werden will und in jeder Szene aneckt. Selbst die Kinder wirken merkwürdig entrückt.
Die Grundidee hatte enormes Potenzial, gerade in der Gegenüberstellung von Alltag, Entfremdung und der Suche nach einem anderen Leben. Doch am Ende verpufft vieles – besonders im schwachen, unspektakulären Schluss. Für mich blieb das Gefühl: Da war so viel drin, aber es wurde nicht genutzt.