Rachegeschichte eines ungewöhnlichen Serienmörders

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theonlytruth Avatar

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Jo Nesbøs neuester Roman „Der Sohn“ gehört nicht zur Harry-Hole-Serie, sondern steht für sich allein. Das macht ihn aber nicht weniger spannend. Erschienen ist das Buch bei Ullstein.

„Der Sohn“ handelt auf 520 Seiten von einem jungen Mann namens Sonny, der seit 12 Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Staten bei Oslo inhaftiert ist. Ihm werden zwei Morde zur Last gelegt, die er auch gestanden hat. Im Gefängnis ist er aber eine Besonderheit. Von den anderen Häftlingen und auch vom Personal wird er wie ein Heiliger behandelt, man nennt ihn sogar „Buddha“. Nicht selten bekommt er Besuch, der sich bei ihm seine Sorgen und sein schlechtes Gewissen von der Seele reden möchte. Auch der Gefängnispastor kommt von Zeit zu Zeit zu ihm. So erfahren wir schon recht am Anfang, dass er Sonny mit Drogen beliefert, welcher im Gegenzug einwilligt, einen weiteren grausamen Mord zu gestehen, den er aber offensichtlich nicht begangen hat. Korruption wird hier zum zentralen Thema.

Sonnys Gegenspieler und immer wieder auch Partner ist der schon in die Jahre gekommene Ermittler Simon Kefas. Seit er vor einiger Zeit unter einer schweren Spielsucht gelitten hat, ist sein Ruf angekratzt. Seine wesentlich jüngere Frau erdroht zu blinden, wenn sie nicht bald Geld aufbringen können, um eine OP zu bezahlen.

Die Charaktere, insbesondere der des jungen und fast noch naiven Sonny, sind interessant und außergewöhnlich. Sonny ist der ungewöhnlichste Serienmörder, von dem ich je in einem Thriller gelesen habe.
Simon Kefas ist kaum weniger düster als Harry Hole, wenn auch etwas bodenständiger. Mir persönlich sind wohl die Ermittler, die sich nicht um Regeln scheren müssen, die liebsten. Von daher hat Nesbø für mich hier gut gewählt.

Die Handlung ist für mich gut nachvollziehbar und logisch. Die Spannung wird hochgehalten. Erst auf den letzten Seiten wird die große Frage nach dem Maulwurf aufgelöst. Immer wieder gibt Nesbø kleine Hinweise auf überraschende Wendungen, die der aufmerksame Leser problemlos entschlüsseln kann, sowie wenigen Seiten danach noch eine deutliche Bestätigung. So wird man zwar beim Mitdenken gefordert, aber eben nicht überfordert.

Sprachlich ist „Der Sohn“ nicht besser oder schlechter als andere Thriller. Literarische Höchstleistungen zu erzielen, ist ja auch nicht das Ziel dieses Genres.

Für mich ist „Der Sohn“ wieder ein großartiger Nesbø-Thriller, der mit den Harry-Hole-Romanen in einer Liga spielt. Das Buch hat mir von vorn bis hinten ausgezeichnet gefallen. Daher vergebe ich 5 Sterne, beziehungsweise eine Schulnote 1-.