Absolut mitreißend!

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honeydew Avatar

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Von Eva Völler habe ich schon mehrere Bücher gelesen und sie haben mir alle gefallen. Daher bin ich schon davon ausgegangen, dass mir auch diese Geschichte zusagen wird. Aber ich habe so viel mehr bekommen, als ich erwartet hatte!

In “Der Sommer am Ende der Welt” erfahren wir von Hanna, die mit ihrer Tochter Katie nach Borkum reist, um dort für einen Artikel zu recherchieren. Die Mutter von Hanna war in den 60er Jahren auf Borkum in einer Kinderkur und sollte dort aufgepäppelt werden. Stattdessen gab es während der 6 Wochen Kur nur Strenge, Disziplin, Lieblosigkeit und auch Gewalt. Darüber möchte Hanna jetzt schreiben und bucht sich in dem Hotel ein, das früher dieses Kurheim war.

Wir erfahren einerseits, wie furchtbar diese Kuren damals waren. Es klingt nach Sonne, Strand und Spaß, stattdessen gab es feste und strenge Regeln: man darf nur 4x am Tag zu festen Zeiten zur Toilette, Kuscheltiere sind verboten, die eigene Kleidung wird nicht getragen, damit sie nicht schmutzig wird, die Kinder werden nicht mit Namen angesprochen, sondern bekommen Nummern zugewiesen, es wird alles aufgegessen, was auf dem Teller ist, usw. Keinerlei Verständnis, Spiel, Kreativität oder Individualismus. Und während Hanna immer tiefer in diese Zeit eintaucht, bekommen wir als Leser nebenbei noch einen Krimi. Es gibt mehrere Todesfälle aufzuklären und dabei kommen dunkle Vergangenheiten und Geheimnisse ans Licht. Ein bisschen Liebe gibt es auch noch.

Wer Romane mag, die auf mehreren Zeitebenen spielen, die spannend sind und ein bisschen historisches Flair vermitteln während uns der Nordseewind um die Nase weht, der ist hier genau richtig. Das Buch hat für mich einen Sog entwickelt, sodass ich es ab der Hälfte nicht mehr weglegen konnte und innerhalb weniger Tage gelesen hatte. Am Ende hat mich am meisten erschüttert, dass viele Erzählstränge nicht fiktiv waren, sondern auf wahren Begebenheiten der Autorin persönlich gründen.

Das Einzige, was mir nicht ganz so gut gefallen hat, war das Cover. Ich finde es ein sehr schönes Motiv, aber gar nicht passend zum Buch. Für mich erweckt das Cover Gefühle von Auswanderung und Hoffnung. Schöner hätte ich ein schwarz-weiß-Foto gefunden mit einer Horde Kinder, die vor dem Kurheim oder am Strand posieren – ein Gruppenfoto, das auf den ersten Blick fröhlich wirkt, aber bei genauerer Betrachtung sehr gestellt und erzwungen aussieht.

Alles in allem: große Empfehlung.