Berührend, spannend, historisch – ein Sommer, der unter die Haut geht

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steffischultzzz Avatar

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Ich habe mich sehr gefreut, dieses Buch zu lesen. Nachdem mich Stay Away from Gretchen dieses Jahr tief berührt und mein Interesse an historischen Themen aus der deutschen Nachkriegszeit geweckt hat, war ich gespannt auf „Der Sommer am Ende der Welt“. Besonders das Thema der Verschickungskinder hat mich neugierig gemacht – davon hatte ich zuvor noch nie gehört.

Diese sogenannte Verschickung betraf vor allem Kinder in den 1950er- bis 1980er-Jahren, die zur „Erholung“ in Heime geschickt wurden. Viele von ihnen haben dort jedoch traumatische Erfahrungen gemacht – ein bedrückender Aspekt der westdeutschen Geschichte.

Eva Völler gelingt es, diesen Hintergrund atmosphärisch dicht zu erzählen. Beim Lesen hatte ich das Gefühl, selbst auf Borkum zu sein – die Insel wird lebendig beschrieben und bleibt trotz der schweren Thematik ein Ort der Hoffnung. Die Geschichte schafft es, die ernsten Töne durch eine zarte Liebesentwicklung und viel Menschlichkeit aufzufangen.

Besonders spannend ist der Aufbau des Romans: Durch Briefe wird immer wieder zwischen Vergangenheit und Gegenwart gewechselt. Diese Wechsel erzeugen eine starke Dynamik, die mich förmlich durch die Seiten gezogen hat. Der Lesesog war da – genau dieses Gefühl liebe ich beim Lesen.

Im Verlauf entwickelt sich die Handlung überraschend in Richtung Krimi, was für zusätzliche Spannung sorgt. Dabei wird auch eine weitere, sehr relevante Thematik mit Bezug zur deutschen Nachkriegsgeschichte aufgegriffen – was dem Roman zusätzliche Tiefe verleiht. Allerdings tritt das Thema der Verschickungskinder dadurch zunehmend in den Hintergrund, was ich etwas schade fand. Ich hätte gerne noch mehr über dieses wenig bekannte Kapitel erfahren.

Trotzdem bleibt Der Sommer am Ende der Welt ein sehr berührender Roman, der nicht nur durch seine Atmosphäre, sondern auch durch seine emotionale Kraft überzeugt. Die Geschichte enthält einige Wendungen, mit denen ich nicht gerechnet habe, und bleibt dadurch bis zum Ende fesselnd.

Für mich definitiv ein weiteres Lesehighlight dieses Jahres. Leser:innen, die Stay Away from Gretchen mochten, werden auch hier voll auf ihre Kosten kommen.