Traumatische Zeit

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flotteranton Avatar

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Die Journalistin Hanna reist mit ihrer Tochter für Recherchen nach Borkum. Sie möchte einen Artikel zu den Erlebnissen der Verschickungskinder in den 60er Jahren schreiben. Ihre Mutter war ebenfalls dort in einem Kinder-Kurheim.

Grundsätzlich wusste ich über die teilweisen unmenschlichen Behandlungen der Kinder in manchen dieser Heime. Trotzdem gehen mir die Schilderungen ehemalig Betroffener unter die Haut. So ging es mir auch bei den Schilderungen von Ingrid, die gleichzeitig im selben Heim mit Hannas Mutter auf Borkum war. Auch wenn es sich hier um eine fiktive Geschichte handelt, ändert es nichts daran, dass es in vielen Kinder-Kurheimen in ganz Deutschland so oder so ähnlich zuging.

Ich verbinde mit Borkum Sonne, Sand und Meer, einfach eine erholsame Zeit auf dem schönsten Sandhaufen Deutschlands. Wie anders lesen sich da die Erlebnisse der Verschickungskinder. Was ich bisher nicht wusste, war, dass in manchen Heimen die Kinder direkt am Eingang quasi ihre Identität und Individualität abgeben mussten, indem sie Nummern statt Namen und einheitliche Heimkleidung bekamen. Alles persönliche wanderte in einen Spind.

Der Roman spielt grundsätzlich in der Gegenwart, aber durch Ingrids Geschichte, Tagebucheinträgen einer ehemaligen Angestellten und Erzählungen von Zeitzeugen werden wir immer wieder in die Geschehnisse der Vergangenheit mitgenommen. Ich hätte mir gewünscht, dass wir bei diesem Hauptthema bleiben, aber es geht noch weiter zurück bis in den 2. Weltkrieg. Diese Entdeckungen sind zwar ebenfalls unmenschlich und ein furchtbarer Teil der Nazi-Vergangenheit, aber für mich persönlich wäre dieser Ausflug nicht nötig gewesen.

Leider verschob sich zum Ende hin der Fokus von den Verschickungskindern immer mehr zu dem Privatleben von Hanna und ihrer Tochter, was ich sehr schade fand. Ich finde das Buch trotzdem lesenswert, aber es gibt einen Stern weniger in meiner Bewertung.