Verletzte Kinderseelen

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enzian Avatar

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Die Journalistin Hanna begibt sich gemeinsam mit ihrer Tochter Katie nach Borkum, um Recherchen über Verschickungskinder aufzunehmen. Diese Kinder wurden in den 1960er-Jahren in ein Kinderkurheim auf die Insel geschickt. Hanna hat Kontakt zu Susanne, einem ehemaligen Kind, das auch als Erwachsene noch traumatisiert ist. Dann liegt das Tagebuch einer ehemaligen Betreuerin vor der Tür ihres Hotelzimmers, die ihre Recherche voranbringt und zugleich Schreckliches offenbart.

Das ansprechend gestaltete Cover hat mein Interesse geweckt und ich wurde auch von der Leseprobe nicht enttäuscht. Die Autorin Eva Völler ist mir nicht unbekannt, am besten hat mir ihr Roman "Die Dorfschullehrerin" gefallen. Ihr neuer Roman hat die schlimmen Erfahrungen von Kindern zum Inhalt, die in den 1960-er Jahren zu Kinderkuren verschickt wurden. Ihre Recherchen führen sie auf die Insel Borkum, wohin einst ihre Mutter zur Kur verschickt wurde.
Die Realität hatte für Susanne sowie die anderen Verschickungskinder nichts mit einer Kur zu tun. Unfassbar war für mich, dass die Kinder sofort nach ihrer Ankunft nicht mit ihren Vornamen angesprochen, sondern von Betreuerinnen zu Nummern degradiert wurden. Sie mussten diese Frauen sogar noch mit „Tante“ anreden. Unter der harten Aufsicht der Betreuerinnen gab es drastische Strafen, Schläge und Vernachlässigungen, die sogar zum Tod eines Kindes geführt haben.
Die Autorin hat ihre Protagonisten sorgfältig und sehr authentisch charakterisiert.
Zu den liebenswerten Charakteren gehört die Betreuerin Luise, die ich sofort ins Herz geschlossen habe. Anhand der Betreuerin Angela kommt die Unmenschlichkeit zum Ausdruck, der die Kinder ausgesetzt waren. Auch Hanna, Katie und Ole waren interessante Protagonisten, die für Abwechslung gesorgt haben. Eva Völler hat die Ereignisse mit einer Liebesgeschichte verknüpft, die sich etwas zu schnell entwickelte und nicht ganz glaubwürdig war.
Das Tagebuch von Luise ist in Kursivschrift verfasst, was sich sehr angenehm von den übrigen Kapiteln des Buches abhebt.
Eva Völler schreibt sehr einfühlsam und emotional, sie baut überraschende Wendungen in ihr Buch ein. Der Roman hat mich berührt und zum Nachdenken darüber angeregt, weshalb so etwas noch bis zu Beginn der 1970er-Jahre geschehen konnte. Ich vergebe fünf Sterne und spreche eine Leseempfehlung aus.