Die Welt im Umbruch

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Wie jedes Jahr, so weilt auch in diesem Sommer 1913 die Familie des Reichstagsabgeordneten und Zeitungsverlegers Joseph Rosenbaum zur Sommerfrische in Baden-Baden. Besonders Selma, die überaus selbstbewusste Tochter der Rosenbaums, genießt das mondäne Luxusleben und die Freiheit, erstmals alleine mit dem Auto ihres Verlobten Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung machen zu können. Gero konnte aus beruflichen Gründen nicht mitkommen, hat aber Selma zum Trost sein Auto überlassen. Gleich bei einer ihrer ersten Exkursionen lernt sie Constanze, eine etwa gleichaltrige moderne junge Frau, kennen. Die beiden freunden sich an und unternehmen von nun an gemeinsame Ausflüge. Dabei lernen sie auf einer ihrer Touren ins benachbarte Elsass Robert Beck, einen gutaussehenden Fotografen aus Belfort, kennen. Die jungen Frauen sind sofort vom Charme des Franzosen fasziniert und verlieben sich in den jungen Mann. Gemeinsam verbringen sie einige unbeschwerte Tage, doch die Anzeichen eines bevorstehenden Krieges werden unübersehbar …

Die Autorin Heidi Rehn vermittelt hier ein ziemlich authentisches Sittenbild des frühen 20. Jahrhunderts und beschreibt sehr gut die Überheblichkeit und Dekadenz des Adels und der Oberschicht in dieser Zeit. Infolge des I. Weltkrieges und der fortschreitenden technischen Entwicklung werden diese dann dramatische Veränderungen erfahren. Die Figuren sind sehr gut heraus gearbeitet, jede in ihrer besonderen Eigenart, die charakterlichen Veränderungen im Laufe der Jahre sind gut spürbar. Nicht alle sind Sympathieträger und oftmals sind ihre Handlungen nur schwer nachvollziehbar, doch gerade dadurch wirken sie sehr lebendig.

Was zunächst wie eine vergnügliche Dreiecksgeschichte beginnt, entwickelt sich bald zu einer tragischen, schicksalhaften Story und die anfangs oberflächliche und vergnügungssüchtige Selma wandelt sich allmählich zur verantwortungsvollen, pflichtbewussten Frau. Geschickt baut die Autorin die Auswirkungen des Krieges in das Geschehen ein. Die Not der Bevölkerung, Bombenangriffe auf grenznahe Städte und die Leiden an der Front werden ebenso eindringlich geschildert, wie auch die gesundheitlichen und seelischen Auswirkungen auf die jungen Soldaten. Die Sinnlosigkeit des Krieges ist spürbar.

Fazit: Ein interessanter, spannend zu lesender Roman - ernsthaft und doch unterhaltend.