Leben und Leiden eines Künstlers

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
ewa Avatar

Von

1926 – Wer es sich leisten kann, übersommert in Frankreich, Massentourismus ist noch ein Fremdwort, Saint Tropez ein verschlafenes Fischerdorf und ein junger F. Scott Fitzgerald ist noch nicht die literarische Ikone, als die wie ihn heute kennen.
Fitzgerald hat sich mit Frau und Tochter gerade in seinem neuen Haus an der Riviera eingerichtet und schaut freudig auf einen Sommer voller Schaffensdrang, an dessen Ende sein neuer Roman stehen soll, der ihn endgültig zum größten amerikanischen Schriftsteller machen soll. Er ist motiviert und hat ein gutes finanzielles Polster im Rücken, das auch seinem vor kurzem erschienen Werk „Der große Gatsby“ zu verdanken ist. Zwar hatte er sich von der Buchveröffentlichung etwas mehr erwartet, aber das Theaterstück läuft mit großem Erfolg und auch Hollywood bekundet Interesse. Alles in allem also keine schlechte Ausgangslage, vor allem auch da ihre guten Freunde, die Murphys, gleich in der Nähe wohnen, was angenehme Abende und anregende Partys verspricht. Bei diesen Gelegenheiten versammeln sich dort auch immer viele andere Künstler. In diesem Jahr wartet man sehnsüchtig auf Ernest Hemingway. Scott, der diesen quasi entdeckt hat, ist darüber zwar erfreut, aber auch besorgt, denn er selbst steht zu gerne im Mittelpunkt und teilt diesen Platz äußert ungern mit anderen. Dazu ist ihm jedes Mittel recht. Und so kann er zu Anfang dieses Sommers noch nicht ahnen, dass er am Ende der Saison kaum schlechter dastehen könnte, sowohl als Künstler als auch als Mensch.

Der Roman von Emily Walton, der übrigens völlig ohne wörtliche Rede auskommt und daher an einen Bericht erinnert, entführt den Leser an die sonnige Riviera der Zwanziger Jahre. Man übersommert in Ferienhäusern oder komfortablen Hotels, feiert rauschende Partys, auf denen sich die Künstler der Zeit versammeln, und genießt das Leben. Dabei gibt sie uns Einblicke in das Leben und Schaffen F. Scott Fitzgerald und lässt uns an seinen Höhen, aber auch an seinen Schwächen teilhaben. Sie zeichnet mit viel Feingefühl die Ereignisse eines Sommers nach, der Fitzgerald zum Verhängnis wird. Jeder, der sich ein wenig mit diesem Paar beschäftigt, weiß von Scotts Eifersucht, seinem Geltungsbedürfnis und seinen Schaffenskrisen ebenso wie von den Eskapaden seiner Frau Zelda. Manchmal scheint es als schaue man zwei Kindern dabei zu, wie sie versuchen ein erwachsenes Leben zu führen. Auch das Verhältnis zu Hemingway, seinem Verleger Maxwell Perkins und seinen Freunden, dem Ehepaar Murphy, wird anschaulich und feinfühlig beschrieben, als wäre man ein Teil dieser illustren Gesellschaft. Der Roman scheint mir mit viel Liebe zum Detail recherchiert und die Begeisterung der Autorin für ihr Thema atmet in jedem Satz und jeder Seite. Wer einen Einblick in das Leben und Schaffen eines der großen amerikanischen Schriftsteller erhaschen möchte, dem lege ich dieses Buch wärmstens ans Herz.