Wer ist en vogue in den 20ern?

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
wandablue Avatar

Von

Das kleine, nur 165 umfassende Büchlein im DIN A 5 Format von Emily Walton plakatiert den Sommer 1926, in dem das wohlhabende amerikanische Paar Sara und Gerald Murphy in Südfrankreich ihre Künstlerfreunde um sich schart und mit ihnen das Leben zelebriert.

Das Ehepaar fungiert durchaus als eine Art Mäzen und wer in ihren Freundeskreis aufgenommen wird, gehört dazu, zu den Intellektuellen, den Modernen, den Revolutionären, den Pionieren, den Reichen, den Elitären, den Angesagten. Sie sind mal mehr mal weniger liebenswerte Snobs, die sich nicht scheuen, auch Menschen aus ihrer Mitte als zweitklassig abzustempeln.

Dieser Sommer, so führt die Autorin dem Leser vor Augen, ist der letzte unbeschwerte Höhepunkt von Unbekümmertheit und Lebenskraft, bevor Fortuna die Hand auf das Füllhorn des Glücks legt.

Auch der amerikanische Schriftsteller F. Scott Fitzgerald erlebt diesen großartigen Sommer in Juan-les-Pins mit seinen Freunden und seiner Frau. Doch bei dem Ehepaar Scott zeigen sich schon in diesem Sommer an der französischen Riviera Auflösungserscheinungen.

Ich mag dieses Büchlein recht gerne, weil es wunderschöne Bilder vor mein Auge zeichnet und dafür, dass es sich auf eine sehr kurze Zeitspanne fokusiert, trotzdem sehr informativ ist. Dass die Autorin in einem kurzen Epilog die Sicht auf die weitere Zukunft seiner Protagonisten freigibt, rundet das Ganze ab.

Die Sprache versucht lyrisch zu sein, vielleicht ist die Satzmelodie manchmal ein bisschen holprig und es gibt bereits im zweiten Satz des Buches einen Lapsus, der an dieser exponierten Stelle einfach nicht unbemerkt und ungestraft bleiben kann: Möwen gurren nicht. Dafür gibt es Punktabzug.

Fazit: Eine sehr hübsche Darstellung des Lebensgefühls der Menschen, die in den 1920ern en vogue gewesen sind.

Kategorie: Biographische Literatur
Verlag: Braunmüller, Wien, 2016