Beeindruckender Debütroman

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kainundabel Avatar

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„Oskars Fall war unerklärlich. Die Sprengexperten sprachen von elektrischen Impulsen, Überhitzung. Die Ärzte sprachen von erstaunlich glimpflichen Verletzungen. Aber der Fall wurde ´´im Grunde als unmöglich´´ eingestuft.“ Sprengmeister Oskar Johansson wird in jungen Jahren 1911 Opfer einer Fehlzündung, schwer verletzt und für die Zukunft gezeichnet. Sein Überleben ist ein Glücksfall, natürlich für ihn, aber auch für den Leser. Letzterer darf dadurch nämlich teilhaben an Oskars wechselvollem, bescheidenen Leben, das gleichsam Synonym einer Arbeiterbiografie im Schweden der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist.
In kurzen, prägnanten, nicht chronologischen Kapiteln, in einfachem, klaren Erzählstil, immer getragen vom Gedanken der sozialen Gerechtigkeit gelingt es Henning Mankell in seinem Debütroman von 1973 meisterlich, Oskars Leben mit der historischen gesellschaftspolitischen Entwicklung zu verbinden. An Aktualität hat der Romanstoff bis heute nichts verloren.
Ungewöhnlich der häufige Wechsel der Erzählperspektiven, der Zeit- und Handlungsebenen. Anders als anfangs erwartet, erweist sich diese Art des Romanaufbaus aber keineswegs als verwirrend – im Gegenteil. Es wäre schade gewesen, wenn der 45 Jahre alte Roman nicht 2018 erstmals in deutscher Übersetzung erschienen wäre. Gerne begleitet man als Leser den trotz seines Schicksals immer nach vorn blickenden Oskar, ob als junger Mann oder in späteren Jahren, in denen er die Sommermonate in einer ausgedienten Militärsauna verbringt. Fast wehmütig nimmt man am 9. April 1969 von ihm Abschied, auch wenn der Tod jetzt für ihn Erlösung bedeutet.
Was bleibt von Oskar zurück? „Niemand hat je etwas von dem abgeholt, was Oskar in der Sauna zurückgelassen hat … Auch sein Geruch bleibt. Der Geruch nach altem Mann.“
Was aber gewiss bleibt, ist sein Platz im Herzen der Leser.