Lesenswerter, gesellschaftskritischer Roman

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INHALT
Als junger Mann wird der Sprengmeister Oskar Johansson bei einer fehlgeleiteten Zündung schwer verletzt. Seine Freundin bricht ihm die Treue, und er heiratet ihre Schwester Elvira. Die beiden führen ein bescheidenes, entbehrungsreiches Leben, damit der knappe Lohn auch für drei Kinder reicht. Trotz seiner Verwundungen kehrt Oskar zurück in seinen Beruf. Er wird politisch aktiv und glaubt an eine Revolution, die nie kommt. Als sein Wohnblock abgerissen wird, kauft er auf einer Schäre ein Saunahäuschen, wo er im Sommer leben kann.
Henning Mankells erster Roman erzählt ein Arbeiterleben in der aufblühenden Industrie in Schweden und gibt den Benachteiligten eine unverwechselbare, eindrucksvolle Stimme.
(Quelle Zsolnay Verlag)
MEINE MEINUNG
Bei dem bereits 1973 veröffentlichte Debütroman „Der Sprengmeister“ des schwedischen Schriftstellers Henning Mankell, der nun endlich auch in deutscher Übersetzung vorliegt, handelt es sich um einen meisterlich komponierten, sehr stimmungsvollen und leisen Roman voller subtiler Gesellschaftskritik. Mankell ist in seinem Roman ein gelungenes, einfühlsames Portrait eines bewegten, harten Arbeiterlebens im Schweden des letzten Jahrhunderts gelungen am Beispiel des bescheidenen Sprengmeisters Oskar Johansson, der nach einem tragischen Arbeitsunfall als Invalide sein Schicksal meistern muss. Zugleich zeichnet er behutsam und anschaulich das spannende Bild einer sich schleichend wandelnden Gesellschaft im Laufe der politisch unruhigen Zeiten.
Sehr außergewöhnlich ist der verwendete Erzählstil der Geschichte, die oftmals einen unfertigen, fragmentarischen Eindruck hinterlässt. Ein nicht näher benannter Erzähler widmet sich aus Sicht eines unbeteiligten Dritten Oskars interessanter, ereignisreicher Lebensgeschichte und gibt aus seiner neutralen Außenansicht immer mehr Details über diesen Menschen preis. Mankell versteht es, mit viel Feingespür und einem warmherzigen Blick Oskars Leben mit all seinen Enttäuschungen und Entbehrungen aber auch faszinierender Zufriedenheit und innerem Frieden nachzuzeichnen. Bisweilen kommt die Geschichte ohne viele Worte und Beschreibungen aus – vieles wird mit Stichworten, Aufzählungen oder Gegenüberstellungen nur notizenhaft skizziert und szenisch angerissen, so dass dem Leser viel Raum zur Deutung bleibt. Während die einfache Sprache zum eher schlichten, wortkargen Protagonisten hervorragend passt, haben mich seine sinnschweren, poetischen Gedanken zum Leben schnell gefangen genommen. Sehr gelungen ist auch das Ineinanderfließen der scheinbar ungeordneten Rückblenden, der neutralen, prägnanten Beschreibungen und Oskars nüchternen Betrachtungen aus der Gegenwart zu einem stimmigen Gesamtbild eingebettet in einen politischen Kontext. In seinem Nachwort geht der Autor noch kurz auf die Entstehungsgeschichte seines Debütromans in damals politisch sehr bewegten Zeiten ein. Auch wenn sich in den zurückliegenden 25 Jahren viel ereignet hat, so hat sich die Situation für die Armen und Ausgebeuteten am Rande der Gesellschaft nicht wesentlich verbessert. Die Hoffnung auf ein Schweden mit einer modernen Industriegesellschaft ohne soziale Ungerechtigkeit ist leider ein Traum geblieben.
FAZIT
Mankells interessantes Debüt ist mit seinem gefühlvollen, berührenden Porträt eines Arbeiterlebens somit ein lesenswerter, gesellschaftskritischer Roman, der nichts an seiner Aussagekraft und Aktualität verloren hat. Einmal ein ganz anderer Mankell!