Ein literarisches Wimmelbuch

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tanybee Avatar

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Eine Frau steht auf einem Hausdach. Wird sie herunterspringen? Warum steht sie da oben? Diese Fragen stellen sich die Leute, die sie von unten sehen. Und genau darum geht es in dem Buch: die Leute unten. Wie sie sich verhalten und warum sie sich so verhalten.

Manche Leute machen ein Picknick vor dem Haus, manche filmen, andere schimpfen, einer ruft sogar „Nun spring doch!“. Warum tun die Leute das? Der Leser erfährt die Geschichte, die sie an diesem Tag an diesen Ort gebracht hat.
Der Roman „Der Sprung“ ist wie ein Wimmelbuch, nur mit Text statt mit Bildern. Es werden dem Leser sehr viele verschiedene Personen vorgestellt, denen jeweils eigene Kapitel gewidmet sind. Doch obwohl es so viele sind, fiel mir das Zuordnen gar nicht schwer, was sicher an den wunderbaren Charakterbeschreibungen von Simone Lappert liegt. Besonders schön fand ich die Cameo Auftritte der Personen in den Kapiteln der anderen. Da werden sie nämlich nicht immer benannt und ich habe mich immer gefreut, wenn ich sie erkannt habe. Manchmal auch erst im Nachhinein!

„Der Sprung“ ist ein großes Lesevergnügen. Klug, manchmal witzig, manchmal traurig. Mit Personen, die man ins Herz schließt. Zum Beispiel Egon, der früher ein Hutgeschäft hatte, nun aber im Schlachthof arbeitet und seine Arbeit dort abgrundtief hasst. Oder Manu, die Pflanzen aus zu engen Töpfen rettet. Oder den Obdachlosen Henry, der Fragen verkauft. Oder die Wirtin Roswitha, die außer Schnittlauchbroten auch noch Trost unter die Menschen bringt.

Mein einziger Kritikpunkt ist der, dass die Handlung manchmal haarscharf am Kitschigen vorbeischrammt. Ein bisschen viele Zufälle gibt es auch. Aber eigentlich ist das auch egal, weil der Rest so wunderbar ist und man sowieso nicht aufhören kann zu lesen.

Eine schöne leichte Lektüre (wenn auch manchmal mit einem Kloß im Hals), die trotzdem zum Nachdenken anregt. Leseempfehlung!