Faszinierende Charakterzeichnungen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
bedard Avatar

Von

Eine junge Frau steht auf einem Dach und springt in die Tiefe. In fast schon poetischen Bildern werden ihre Eindrücke vor dem Absprung gezeichnet. Dann die Rückblende, 24 Stunden vor dem Sprung. Ein kleiner Ort im Frühsommer, ein alteingesessenes Cafe. Dort kehren viele der Ortsansässigen ein, in deren Leben in den kommenden Stunden einiges durcheinandergerüttelt wird.

Scheinbar zusammenhanglos erzählt die Autorin von diesen Menschen, denen jeweils eigene Kapitel gewidmet sind. Erst nach und nach gewinnen diese Personen an Tiefe, werden Verknüpfungen sichtbar. Deutlicher und einfacher vorstellbar sind da die Szenen, die sich vor dem Haus mit der vermeintlichen Selbstmörderin abspielen. Da sammeln sich die Schaulustigen, zücken ihre Handys, feuern die Frau an, endlich zu springen. Picknicks werden veranstaltet, Kamerateams rücken an…

Bis spät in die Nacht halten die Gaffer aus, um ja nichts zu verpassen. Doch während die junge Frau auf dem Dach langsam müde wird und man immer mehr begreift, dass sie keinesfalls Suizid begehen will, haben sich für Felix, Maren, Theres und die anderen teils dramatische Veränderungen ergeben.

Spektakulär sind in diesem Roman nicht die Ereignisse auf dem Dach und schon gar nicht die abstoßende Menge vor dem Haus. Faszinierend sind die unscheinbaren, unauffälligen Menschen, denen die Autorin ein Gesicht gegeben hat. Nicht alle Fäden werden am Ende verknüpft, nicht jede Geschichte auserzählt, aber auch das passt.

Simone Lappert hat ein absolut lesenswertes Buch geschrieben! In kurzen Kapiteln gelingt es ihr mit unglaublich präzisen Formulierungen, Orte und Personen zum Leben zu erwecken.