Lässt mich teilweise unbefriedigt zurück

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
damaged-goods Avatar

Von

Manu steht an der Dachkante eines Mehrfamilienhauses und weigert sich, herunterzukommen. Etliche Stunden hält sie die Polizei und die Menschenmenge, die sich ganz typisch für unsere Zeit mit gezückten Handys auf dem Platz vor dem Haus aufhält, auf Trab. Simone Lappert nimmt uns in ihrem Roman „Der Sprung“ nicht nur mit auf das Dach, sondern gewährt uns Einblick in das Leben von insgesamt elf verschiedenen Personen, die allesamt eine mehr oder weniger enge Verbindung zu Manu aufweisen und dementsprechend von ihrem drohenden Sprung nachhaltig beeinflusst werden.

Sehr gut gefallen hat mir der ruhige, aber doch emotionale Schreibstil der Autorin. Sie beobachtet sehr genau und beschreibt ganz sanft und voller Verständnis die ganz unterschiedlichen Gefühle und Erlebnisse ihrer Charaktere, denen ich mich beim Lesen sehr nah gefühlt habe.

Die Einblicke in die Leben der Figuren waren sehr vielfältig und wie aus dem Leben gegriffen. Das Spektrum reicht von einem unsicheren pubertierenden Mädchen bis hin zu einer griesgrämigen alten Frau. Auch wenn ich mich nicht in allen Figuren wiedergefunden habe, so hatte ich doch für alle ein gewisses Mitgefühl und habe ihre Wege gerne verfolgt. Sie alle befinden sich an Punkten in ihren Leben, in denen sie Entscheidungen treffen, für sich einstehen und in gewisser Weise einen „Sprung“ wagen müssen. Ich fand es sehr gelungen, wie sich der Titel im Roman widergespiegelt hat.

Auch die Verknüpfung der verschiedenen Figuren hat mir gut gefallen. Simone Lappert zeigt, wie sehr unsere Lebenswege von zufälligen Begegnungen, spontanen Entscheidungen und scheinbar bedeutungslosen Taten von Fremden beeinflusst werden können. Außerdem erinnert die Autorin daran, dass jeder Mensch seine eigene Geschichte und eigene Prägungen erfahren hat und wie sich dieses auf das Verhalten auswirken können.

Leider muss ich sagen, dass mir das Ende etwas zu dünn und zu wenig war, weswegen ich dem Buch insgesamt nur gute drei Sterne gebe. Für einige Figuren war der kleine Ausschnitt, den ich begleiten durfte, rein gar nicht abgeschlossen und es blieben zu viele offene Fragen. Gerade Manu, ihr Charakter und ihre Beweggründe wurden mir nicht deutlich genug behandelt. Sie kam mir leider bloß wie ein Mittel zum Zweck vor, was ich sehr schade fand.