Eine unterhaltsame Schnitzeljagd

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Inhalt
Der Spurenfinder (denn suchen kann ja jeder) Elos von Bergen hat sich zusammen mit seinen Kindern, den Zwillingen Ada und Naru, am Ende der Sackgasse der imperialen Strasse von Dreibrücken niedergelassen, um dort ein Leben in behaglicher Langeweile zu fristen. Dass in Friedhofen niemals etwas passiert, hat sich allerdings herumgesprochen. Deswegen passiert dann eben doch etwas - sogar ein Mord. Elos macht sich sogleich ans Spuren finden, während seine beiden Assistenten fleissig solche suchen. Gemeinsam decken sie eine Reihe ungeheurer Geheimnisse, ja sogar Intrigen auf und am Schluss… passiert noch so einiges mehr.

Rezension
Die Klings gestatten sich und den Leser*innen gemütliche fünfzig Seiten, um die märchenhaft-mittelalterliche Welt von und um Friedhofen zu erkunden. In einfacher aber effektiver und durchaus witziger Sprache - und mit der künstlerischen Unterstützung von Bernd Kissel - entsteht schnell eine klare, aber nicht überladene Atmosphäre, die Gesellschaftssystem, Magie und Götterwelt mit umfasst. Liebevoll werden auch die Hauptfiguren, die Beziehung unter den Kindern, die Familiendynamik und mehrere Nebenfiguren eingeführt. Besonders augenfällig ist hier, dass ich das Gefühl hatte, wirklichen Kindern zu begegnen - nicht von einem Erwachsenen geschriebenen Kindern.

Bevor der bäurische Alltag langweilig wird, betritt der Tod die Bühne. Sofort nimmt der Spurenfinder die nicht abzuwimmelnden Zwillinge und die Leser*innen an die Hand. Spuren tauchen auf und werden bewertet; Schlussfolgerungen getroffen, Massnahmen ergriffen. Es gibt etwas Raum zum Miträtseln, die Handlung schreitet aber zügig voran. Es entspinnt sich ein sauber gearbeiteter und strukturierter Handlungsbogen, der sprachlich eben so sauber und präzise dargeboten wird. Hier ist kein Wort zu viel oder fehl am Platz, greift ein Satz in den nächsten, treffen Witze zielsicher ihre Pointe, folgt ein Ereignis dem anderen. Wortgewandt und wortwitzig laufen die Spurenfinder in vielerlei kleinere und grössere Herausforderungen genau so glatt hinein wie wieder hinaus.
Die Geschichte verliert für meinen Geschmack im dritten Viertel etwas an Charme, als das Trio die vertraute Umgebung verlässt. Der Witz und die Witze, sowie die Handlung folgen ausserdem immer etwa denselben inzwischen bekannten Mustern, was in Ansätzen etwas Langeweile aufkommen lässt. Zum letzten Viertel wirds aber nochmal anständig spannend; die Handlung nimmt einige scharfe Kurven und steile Aufstiege - und schliesslich ein zufriedenstellendes Ende.

Abschliessende Worte
Der Spurenfinder erzählt wortgewandt und wortwitzig einen durchaus seriösen Fantasykrimi, in dem aber immer der Hauch von Satire und Komödie mitschwingt, ohne das Genre als solches ins Lächerliche zu ziehen. Die Geschichte überzeugt vor allem mit liebevoll ausgearbeiteten Charakteren, gelungenen zwischenmenschlichen Beziehungen und einem behaglichen Setting. Und natürlich durch meisterhaften Umgang mit Sprache.

Als erwachsene Frau in den Dreissigern fühlte ich mich zwar gut unterhalten, aber nicht als erstrangiges Lesepublikum. Da mir Klings Vortragstalent bekannt ist, könnte ich mir vorstellen, das Hörbuch mehr zu geniessen. Viel eher aber schätze ich den Spurenfinder als ideales Familienbuch ein - zum gemeinsamen (vor)lesen mit Kindern ab etwa acht Jahren. Oder für ambitionierte kleine Selbstleser.

Ich durfte den Spurenfinder von Marc-Uwe Kling und seinen beiden schwer aufzufinden, im Untergrund agierenden Helferinnen Johanna und Luise als Rezensionsexemplar lesen. Vielen Dank dafür - dem Team von Vorablesen und Ullstein Buchverlage.