Kurioser Mix aus Jugendkrimi, magischem Märchen und Fantasy-Elementen: spannend erzählt und atmosphärisch illustriert.

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fernweh nach zamonien Avatar

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Inhalt:

Der berühmte Spurenfinder Elos von Bergen hat vor Jahren zum Schutz seiner Zwillinge Ada und Naru seinen Job an den Nagel gehängt und ist in das verschlafenste und ödeste Dorf im ganzen Königreich gezogen.

Friedhofen bietet ihm die Ruhe und Muße, endlich an seinen Memoiren zu arbeiten ... zwanzig Bände sind es inzwischen.

Die 12-jährigen Ada und Naru jedoch langweiligen sich zu Tode.

Als in dem Kuhkaff ein brutaler Mord geschieht, eine Dorfbewohnerin spurlos verschindet und der Spurenfinder vor eine Reihe Rätsel steht, ist auch die Neugier der Zwillinge geweckt.

Untätig zu Hause rumsitzen, während der Vater sich in das spannendste Abenteuer seines Lebens stürzt? Auf gar keinen Fall!

Eine abenteuerliche und gefährliche Reise durch das Königreich beginnt ...


Altersempfehlung:

etwa ab 12 Jahre

Seitens des Verlages gibt es hierzu keine Angaben, da das Buch als Roman gelistet wird.

Im Hinblick auf Handlung, Charaktergestaltung und Illustrationen, sehe ich es eher in der Kategorie Jugendbuch. Hierfür spricht auch die Tatsache, dass "Der Spurenfinder" ein Vater-Töchter-Gemeinschaftsprojekt ist.


Einbandgestaltung und Cover:

Das Cover erzeugt Neugier. Nicht nur, weil die Figuren als Scherenschnitt gezeigt nicht klar erkennbar sind, sondern auch weil die verzweigten Wurzeln des Baumstumpfes verdeutlichen, wie tiefgründig der Spurenfinder suchen muss.

Vorder- und Rückseite ergeben ein Gesamtbild, was mir immer sehr gut gefällt. Zudem sind alle Schriftzüge vom Titel über Autor:innen bis zum Zitat auf dem Buchrücken erhaben. Es gibt sogar ein farblich passendes Lesebändchen.

All dies macht einen hochwertigen Eindruck. Dennoch gibt es für die Einbandgestaltung Punktabzug. Da auf einen Schutzumschlag verzichtet wurde, ist das Buch - egal wie vorsichtig man ist - unfassbar anfällig für angestoßene, abgeriebene Ecken und Flecken.


Illustrationen:

Eine detaillierte Landkarte der verlorenen Provinzen - mittendrin das verschlafene Friedhofen - ziert den Buchvorsatz und hilft, die Reise der drei Hauptcharaktere nachzuvollziehen.

Ausdrucksstarke und detailverliebte Bleistiftzeichnung erwecken das Spurenfinder-Trio zum Leben, ergänzen das Abenteuer und unterstreichen wichtige Szenen. Einige der Illustrationen sind sogar ganzseitig und man sollte sich auf jeden Fall die Zeit nehmen, die Bilder genauer zu betrachten.

Die Bandbreite reicht von Portraits bis hin zum faszinierenden Blick aus der Vogelperspektive auf die Hauptstadt des Königreiches.


Mein Eindruck zur Geschichte:

Bei der Beschreibung "Fantasy-Krimi-Komödie" wird viel versprochen und tatsächlich das Meiste eingehalten.

Fantasy:

Das Setting ist mittelalterlich und magisch und mit vielen Details fantastisch ausgestaltet: über dem Königreich stehen zwei Monde, das Dorf ist mit Schmied, Bäcker, Kräuterhändler, Heilerin usw. ausgestattet, im Nachbardorf (eine Stunde Fußweg) ist ein Jahrmarkt mit beeindrucken Schaustellern und großen Spektakeln zu Gast. Im Verlauf der Geschichte tauchen Elfen, Zwerge, Kobolde und andere mystische Wesen aber auch faszinierende Monster auf.

Krimi:

Der Jugendkrimi wird stringent erzählt und frischen Wind bringen hauptsächlich die Zwillinge in die Ermittlungen. Zusätzlich zum Mordfall verschwinden Personen/Tiere und es darf fleißig mitgerätselt werden. Die Storyline ist interessant gestaltet und über ein paar Längen sieht man angesichts der schlüssigen und spektakulären Auflösung gerne hinweg.

Komödie:

Aberwitzige und herrlich lustige Sticheleien zwischen den Geschwistern oder gegenüber dem Vater sorgen dafür, dass die Atmosphäre nicht zu düster und bedrohlich wirkt.

An einigen Stellen ist es dann aber zu viel bzw. zu aufgesetzt.

Es finden sich auch Anspielungen, Filmzitate und andere Easter Eggs.
"Sie sind der schäbigste Spurensucher, von dem ich je gehört habe"
"Aber Sie haben von ihm gehört", sagte Ada nicht ohne Stolz.
(vgl. S. 182 - abgewandeltes aus Fluch der Karibik)

"Der Spurenfinder" punktet neben schräg-charmanten Dialogen, Running Gags und Fantasy-Elementen sowie einer spannenden Ermittlung mit überraschenden Wendungen ganz besonders durch die sympathischen und authentischen Hauptcharaktere:

Elos von Bergens Rückzug und sein Wunsch, die Zwillinge vor weiteren Gefahren - ausgelöst durch seine bisherigen Heldentaten - ist ebenso verständlich wie das Aufbegehren der Kinder.

Ada und Naru sind abenteuerlustig, aufgeweckt und neugierig. Die 12-Jährigen wollen etwas erleben und nicht am langweiligsten Ort des Königreichs versauern. Während Ada ein cleveres Köpfchen ist ... manch einer behauptet, sie sei eine Streberin ... handelt Naru gerne mal etwas unüberlegt, aber mutig.

Der Konflikte zwischen den Generationen zieht sich durch das gesamte Abenteuer und wird immer wieder aufgelockert von flapsigen Sprüchen und Nachsicht seitens Elos. Dem Vater ist durchaus bewusst, was seine Zwillinge alles auf dem Kasten haben.

Gewisse Parallelen zwischen dem Schreiber-Trio und dem Spurensucher-Trio zu entdecken, fällt nicht schwer. Es ist aber nicht nur die Entstehungsgeschichte dieses Romans sowie die Konstellation eines Vater-Tochter-Teams beim Schreiben, die dazu führt, dass die Charaktere Elos von Bergen und seine Kinder so greifbar und authentisch erscheinen.

Die "Fantasy-Krimi-Komödie" entwickelt sich zu einem spannenden und turbulenten Abenteuer und - soviel sei ohne zu spoilern verraten - es bleibt nicht bei einer Leiche. Wie das Cover bereits andeutet, liegen dem Mord noch ganz andere, ältere Verbrechen zugrunde.


Hörbuch-Tipp:

Zeitgleich ist das Buch in ungekürzter Fassung als Lesung erschienen: genial vorgetragen vom Autor selbst.

Marc-Uwe Kling verleiht den mit viel Herz und Liebe zum Detail ausgearbeiteten Charakteren eine ganz besondere Stimme ... wie üblich (und erhofft) mit einem Hauch Känguru ;-)


Fazit:

Ein überraschend gelungener Mix aus Krimi, Fantasy und ein wenig Klamauk, auch wenn die fantastische Geschichte einige Längen aufweist.

Mein Highlight ist neben den detaillierten, atmosphärischen Bleistiftzeichnungen das authentische Verhältnis der drei Hauptcharaktere untereinander.


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Rezensiertes Buch: „Der Spurenfinder" aus dem Jahr 2023