Wenn Albträume wahr werden....

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
kimvi Avatar

Von

Suzanne Perry lebt alleine in ihrer Wohnung in Colchester. Sie fühlt sich dort sicher und geborgen. Deshalb nimmt sie auch die ersten Anzeichen dafür, dass das ein Trugschluss sein könnte, nicht ernst. Ihr fallen zwar Kleinigkeiten auf, die in ihrer Wohnung leicht verändert wirken, doch sie verschwendet keinen weiteren Gedanken daran. Das ändert sich schlagartig, als Suzanne aus einem Albtraum erwacht, in dem sie sich nicht bewegen konnte und einem unbekannten Mann hilflos ausgeliefert war. Denn sie findet ein Foto, das sie im Schlaf zeigt. Es scheint so, als ob der Unbekannte über sie wachen würde. Obwohl die Polizei der Sache nachgeht, gerät Suzannes Glaubwürdigkeit, durch ein Ereignis in ihrer Vergangenheit, ins Wanken.  Zur gleichen Zeit wird eine grausam entstellte Frauenleiche aufgefunden. Phil Brennan und sein Team nehmen die Ermittlungen auf....


**Meine Meinung**


"Der Stalker" ist der Folgeband zu "Entrissen". Auch hier ermittelt Phil Brennan mit seinem Team. Da die Fälle in sich abgeschlossen sind, ist es nicht zwingend notwendig die Reihenfolge einzuhalten. Man kann dem aktuellen Fall auch ohne Vorkenntnisse aus dem ersten Teil folgen. Wenn nötig, liefert die Autorin kurze Rückblicke. Sie verrät dabei auch nicht zu viel, sodass man den ersten Band auch dann noch gespannt verfolgen kann, wenn man den zweiten zuerst gelesen hat.

Der Thriller startet bereits rasant. Ohne langatmiges Vorgeplänkel befindet man sich gleich mitten im Geschehen und beobachtet dabei Suzanne Perry, die sich ziemlich unbeschwert in ihrer Wohnung bewegt. Schon jetzt bekommt man beim Lesen ein ungutes Gefühl und hofft, obwohl man es ja eigentlich besser weiß, dass Suzanne die kleinen Anzeichen, dass jemand ohne ihr Wissen in der Wohnung ist, richtig deutet und die Flucht ergreift. Da das natürlich nicht passiert, verfolgt man gebannt das Unausweichliche. Der Einstieg in den Thriller gelingt dadurch mühelos. Die gesamte Handlung wird aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Manchmal schaut man dabei sogar dem Täter über die Schulter. Man hat dadurch einen ziemlich guten Überblick über die Gesamthandlung. Kurze Kapitel, die oft an entscheidenden Stellen stoppen, sorgen dafür, dass man unbedingt erfahren möchte wie es weitergeht. So gerät man beinahe unbemerkt in den Sog der Handlung.

Doch leider kann die aufgebaute Spannung nicht durchgehend gehalten werden. Denn, genau wie im ersten Band, nehmen die privaten Probleme der Ermittler einen großen Teil der Handlung ein. Marina Esposito hat die Ereignisse aus dem vorherigen Band noch nicht verarbeitet und muss sich über einige Dinge klar werden. Das wirkt zunächst sehr glaubwürdig und interessant, doch schon bald merkt man, dass sich dieser Handlungsstrang nicht weiterentwickelt. Obwohl im Klappentext angekündigt wird, dass Marina das Team als Profilerin unterstützt, ist davon zunächst keine Rede. Das Wälzen ihrer privaten Probleme und ihre Unfähigkeit eine Entscheidung zu treffen, nimmt einen weitaus größeren Teil der Handlung ein. Diese Abschnitte wirken langatmig und gehen zu Lasten der aufgebauten Spannung. Phil Brennan kann sich durch Marinas Probleme nicht auf die Ermittlungen konzentrieren und deshalb geht dabei auch einiges schief. Aus ganz unterschiedlichen Gründen verheimlichen die Teammitglieder wichtige Ermittlungserkenntnisse vor ihren Kollegen und erleichtern dadurch dem Täter sein mörderisches Spiel.  Die Identität des Täters bleibt lange im Verborgenen, obwohl erfahrene Thrillerfans sicher Hinweise entdecken dürften. Überraschende Wendungen und ein spannendes Finale entschädigen für die etwas langatmigen Passagen, die sich mit den privaten Problemen der Ermittler befassen.

Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und angenehm lesbar. Ihre Figuren wirken vielschichtig und lebendig. Sie wecken Sympathien, aber auch spontane Abneigungen. Bei den Reibereien innerhalb des Teams kann man die Gefühle und Handlungen der Personen besonders gut nachvollziehen. Insgesamt gesehen hat mir dieser Band deutlich besser gefallen als der Vorgänger "Entrissen", auch wenn ich mir, aufgrund des Klappentextes, etwas mehr Profilerarbeit von Marina Esposito erwartet hätte.  Auf meiner persönlichen Bewertungsskala bekommt der Thriller vier von fünf Bewertungssternen.