Weitgehend gelungener Noir-Thriller aus Tasmanien

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elke17 Avatar

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Nix los in Evelyn Bay an der tasmanischen Küste. Eine Kleinstadt auf dem absteigenden Ast. Früher lebten die Menschen dort von der Fischerei und der Forstwirtschaft, heute hat man sich fast ausschließlich auf den Tourismus konzentriert. Dorthin kehrt Kieran mit Frau und Kind zurück, der seine Heimat vor vielen Jahren nach einem tragischen Vorfall verlassen hat. Drei Menschen kamen in einem Sturm ums Leben, einer davon war sein Bruder, der gemeinsam mit einem Freund Kieran retten wollte. Was mit dem dritten Opfer, einem Mädchen, damals geschah, ist bis heute ungeklärt. Weiß wirklich niemand, was damals geschehen ist?

Den Verlust des Bruders hat Kieran bis heute nicht verarbeitet, trägt schwer an dieser Schuld, wollte nie mehr zurück. Aber nun ist die Demenz seines Vaters so weit fortgeschritten, dass seine Eltern wegziehen wollen, das Haus verkauft wurde und leergeräumt werden muss, weshalb seine Mutter Kierans Hilfe benötigt. Aber dann wird kurz nach seiner Ankunft eine junge Frau tot am Strand aufgefunden und die Vergangenheit holt Kieran wieder ein.

Kleinstädte, die Beziehungen und Geheimnisse ihrer Bewohner haben ihren eigenen Sound, und neben den atmosphärischen Schilderungen der Landschaft, die sich tief in die Seelen der Menschen eingegraben hat, sind diese Beschreibungen elementar für Jane Harpers Romane, was wir auch bereits in „Hitze“ und „Zu Staub“ sehen konnten.

So auch in „Der Sturm“. Interessant ist weniger das Offensichtliche, als vielmehr das Ungesagte, das, was unter der Oberfläche lauert und eine bedrohliche Stimmung schafft. Das vermuten lässt, dass die Bewohner der Kleinstadt einige der sprichwörtlichen Leichen im Keller vergraben haben, die nach Möglichkeit nie mehr auftauchen sollen, weil die Gemeinschaft von Evelyn Bay nur durch Schweigen, Vertrauen und den starken Zusammenhalt der Menschen überleben kann.

Was ist damals wirklich geschehen und wie stark wirkt es in die Gegenwart hinein? Das ist die zentrale Frage, die es zu beantworten gilt. Dafür lässt sich die Autorin alle Zeit der Welt, springt in diesem vielschichtigen Thriller zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her, zeigt subtil deren Verbindungen und dröselt langsam das Beziehungsgeflecht auf. Ein weitgehend gelungener Noir-Thriller, der mit Kleinstadtatmosphäre punktet, bisweilen aber durch die langsame Erzählweise die Geduld des Lesers über Gebühr strapaziert.