Zwischen Trauer und Traum

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bavaria123 Avatar

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Österreich-Ungarn, 1916. Die Donaumonarchie befindet sich im dritten Jahr eines Krieges, der ohne Erbarmen geführt wird. Seine Auswirkungen treffen Menschen aller sozialen Schichten: Das junge Kindermädchen Berta kämpft um das Überleben ihres ledigen Kindes. Kaiserjäger Julius Holzer erlebt an der Dolomitenfront die Sprengung des Col di Lana. Architekt August Belohlavek gerät in russische Kriegsgefangenschaft. Sektionschef Ferdinand von Webern muss die Demütigung von St. Germain ertragen. In den letzten Jahren des Habsburgerreiches meistern vier Familien ihr Schicksal - und eine große Liebe gibt Hoffnung für künftige Generationen.

Nachdem ich die Leseprobe studiert hatte, ahnte ich, dass "Der Sturz des Doppeladlers" absolut ein Buch für mich sein könnte. Ich habe schon lange ein hohes Geschichtsinteresse und die Habsburger Monarchie ist auf jeden Fall faszinierend.

Das Cover ist vielleicht auf dem ersten Blick ein wenig langweilig, aber es passt ganz hervorragend zu der erzählten Geschichte.

Am 21. November 1916, inmitten des Ersten Weltkrieges, starb Kaiser Franz Joseph nach 68 Jahren Regentschaft in Schönbrunn. Sein Tod symbolisierte den Untergang der jahrhundertealten Habsburger Monarchie, wie die Stimmung seiner Begräbnisfeierlichkeiten zeigte. Der Leser lernt zunächst die Dienstmagd Berta Sogl kennen, die sich am Straßenrand bei diesen Feierlichkeiten befindet. Ihr Schicksal ist eines von vier Protagonistenfamilien, die in diesem Buch behandelt werden.
Die anderen sind der Sektionschef des Außenministeriums Ferdinand von Webern, dessen Tochter die Verlobte vom Soldaten Julius Holzer ist. Mit ihm hat der Leser einen Blick auf den Wahnsinn des Krieges in vielen Facetten. Der Erste Weltkrieg war für Österreich ein furchtbares Desaster, da der Staat und seine Armee auf einen Krieg in dieser Größenordnung nicht vorbereitet waren.Und dann ist da noch der verbissene und unbelehrbare Architekt August Belohlavek.
Ich finde es als aufschlussreich, vier Familien erschaffen zu haben, um die Zeit zwischen 1916 und 1921 aus unterschiedlichen Blickweisen aufzuzeigen. Die Figuren sind sehr gut dargestellt, wobei mir Berta am sympatischsten herüber kommt.

Wenn auch viele Personen und Schauplätze im Verlauf des Romans beschrieben werden, so gelingt es der Autorin den Leser nicht zu verwirren, sondern ihn zum Weiterlesen zu animieren. Und am Ende des Buches gibt es auch eine Aufstellung, wer zu welcher Familie gehört.

Die Autorin schreibt in einem ansprechenden, flüssig zu lesenden Stil. Man merkt ihr eine großes historisches und eine umfangreiche Recherche an. Auch die eingefügten Dialektpassagen gefallen mir.
Wer allerdings nicht so historisch versiert ist, der kann leicht ein wenig im Strudel der österreichischen Geschichte strudeln. Denn gerade zwischen 1916 und 1921 passiert. Aus der Monarchie wird eine Republik und im Dezember 1920 Michael Hainisch zum ersten österreichischen Bundespräsidenten gewählt. Da hätte sich eine Zeitleiste mit den wichtigsten Begebenheiten doch überaus angeboten.

Aber da das Buch ansonsten absolut lesenswert und unterhaltsam ist, mag ich keinen Stern für dieses kleine Manko abziehen.