Die Mathematik der Musik

Der Gutsverwalter Tino Senoner führt ein beschauliches Leben. Der Welt entrück ist er das Faktotum auf dem Gut, je nach Notwendigkeit gibt er den Gärtner, Hausmeister, Fremdenführer oder eben den Gutsverwalter. Diese eigentümliche und große Freiheiten bringende Stelle konnte er von seinem Vorgänger übernehmen. Mit diesem verbindet ihn trotz des Altersunterschiedes doch eine enge Freundschaft, die auch nach dem Ausscheiden des Älteren aus dem Betrieb fortbestand. Noch abgeschiedener als Tino lebt Richard Eulmann. Das ungläubige Entsetzen ist daher unermesslich als Eulmann eines unschönen Tages erschossen in seinem Zen-Garten aufgefunden wird. Voller Schmerz versucht Tino das Geschehene zu entschlüsseln.
Eine ungewöhnliche Geschichte nimmt hier ihren Verlauf. Am Anfang etwas behäbig kommt das Geschehen doch schnell in Fahrt und fängt die Aufmerksamkeit des Lesers, um sie bis zum Schluss nicht mehr loszulassen. Die Vergangenheit wirkt unerwartet in die Gegenwart und führt damit für einen der Protagonisten zum Tod. Die Beweggründe des Mörders aber auch die Zwecklosigkeit seines Unterfangens werden sehr unterhaltsam aufgeblättert. So also mag es zugegangen sein im kalten Krieg, den ja viele miterlebt, aber im täglichen Leben kaum wahrgenommen haben. Einen Blick auf die anderen, die die den kalten Krieg dirigiert und die die den Dirigenten folgen mussten, wirft dieser Roman. Und letztlich darauf, wie lange das Gedächtnis eine Verletzung oder Irreführung, die lebensverändernd (natürlich nicht im positiven Sinne) wirkt, speichern kann, wie lange ein Groll gehegt werden kann, ob eines Ziels, das nie erreicht wurde.
Anhand der wissenschaftlichen Fortschritte der damaligen Zeit, die für alle Mächte von Interesse waren, die diese jedoch nicht teilen wollten, wird hier ein Spionage-Thriler dargeboten, der gerade im gegenwärtigen Teil Neugier weckt, ob der unglaublichen Verwicklungen der Vergangenheit, die eben in die heutige Zeit hineinreichen.