Wissenschaftler als Opfer des Kalten Krieges

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takabayashi Avatar

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Mit einem Mord fängt es an: Ein distinguierter älterer Herr im Leinenanzug auf einem Fahrrad erschießt in einem Anwesen hinter Ottenrain einen alten Mann, der einen Zen-Garten harkt. Szenenwechsel: Schloss Ottenrain an einem heißen Sommersonntag. Der Ich-Erzähler, ein junger Mann, Faktotum im Schloss (Fremdenführer, Gutsverwalter, Gärtner, etc.) langweilt sich, denn bei dem Wetter gibt es kaum Besucher und er wartet - vergeblich - auf Eulmann, seinen Mentor und Vorgänger in diesem Job, der ihn sonntags immer besucht ... denn er ist es, der im Zen-Garten erschossen wurde.

Es gibt zwar diverse Tote und Agenten und vor allem auch tote Agenten, aber ein Agententhriller ist das trotzdem nicht - die Bezeichnung Thriller ist irreführend.

Der Roman ist in vier Abschnitte geteilt - der erste und der letzte spielen in der Gegenwart, die beiden mittleren in den Fünfziger- und Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts, in der Zeit des Kalten Krieges. In diesen beiden Abschnitten ist der Ich-Erzähler ein junger Kernphysiker aus der DDR, der ungewollt zwischen die Fronten gerät, und von den Agenten beider Seiten unter Druck gesetzt und für deren Zwecke benutzt wird.

Die Geschichte ist interessant: wie sich die Verbindungen der Personen von damals mit denen von heute allmählich erschließen, wie die Agenten im Ruhestand sich auf eine letzte Mission begeben, wozu Konkurrenz in akademischen Zirkeln führen kann, und wie von der Weltpolitik im Endeffekt nur persönliche Interessen übrig bleiben, wird durchaus spannend geschildert.

Allerdings ging es mir wie bei meiner Karl-May-Lektüre als Jugendliche - es gab zwischendurch immer lange Passagen, die ich mehr oder weniger quer gelesen habe, um wieder zum weiteren Verlauf der Geschichte zu gelangen. In diesen ging es um Quantenphysik und Ähnliches, von dem ich nichts verstehe und das mich auch nicht wirklich interessiert. Für meinen Geschmack etwas zu viel davon. Ich wollte zwar wissen, wie es ausgeht, hatte aber Schwierigkeiten, durchzuhalten. Meinem Empfinden nach ist die Verbindung zwischen Krimihandlung und wissenschaftlichen Gedankengängen nicht sonderlich gut gelungen. Für einen spannenden Krimi ist der Roman zu sehr mit physikalisch-theoretischen Abhandlungen überfrachtet.

Fazit: Nur etwas für Physiker und naturwissenschaftlich Interessierte!