Gletscherleichen in einzigartiger Kulisse

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In den Südtiroler Gletschern wird die Leiche eines Einsiedlers gefunden, nicht weit von der Stelle, an der seinerzeit Ötzi gefunden wurde, die weltberühmte Steinzeitmumie. Und vieles an dem aktuellen Mord scheint mit der fünftausenddreihundert Jahre alten Gletscherleiche zusammenzuhängen. Kommissar Grauner, der nebenher auch noch „Viechbauer“ ist, macht sich an die Ermittlungen, zusammen mit seinem neuen Kollegen Saltapepe, der vom mafiaverseuchten Neapel ins beschauliche Schnalstal versetzt wurde.
Es ist eine Welt mit ihren eigenen Regeln, die Lenz Koppelstätter in diesem Buch entwirft, und durch die völlig gegensätzliche Sichtweise des Kollegen aus Neapel verschärft sich der Blickwinkel auf diese eingeschworene Gemeinschaft im Schnalstal. Da gibt es einen Museumsdirektor, der entgegen allen Erwartungen, auch in der Fachwelt, die Gletscherleiche in Südtirol halten konnte. Es gibt den Einsiedler, der genug vom schnöden Mammon hatte. Es gibt einen Bürgermeister, der seit Jahrzehnten im Amt ist und sich in der Zeit eine absolute Machtposition ausgebaut hatte. Es gibt diesen Commissario aus Neapel, der aus irgendwelchen Gründen (noch werden sie nicht wirklich aufgedeckt) nach Südtirol versetzt wurde, in diese Bergwelt, wo er die Leute überhaupt nicht versteht und obwohl er doch das Meer vermisst und mit den Mafiaintrigen bestens umgehen kann. Da ist auch der Grauner, der sich zwischen den Polizeiaufgaben und seinem Bauernhof aufteilt und eine besonders gute Spürnase aufweist. Und es gibt noch viele weitere originelle Personen in diesem einzigartigen Schnalstal. Und natürlich die Gletscherleiche, auf die mehrfach Bezug genommen wird und bereits in der Leseprobe hinreichend Parallelen hergestellt wurden.
Schon allein diese Aufzählung bringt ein Kribbeln in die Haarspitzen und lässt auf einen besonders ausgefeilten Kriminalfall hoffen. Immer wieder werden diese „Zutaten“ jedoch von langatmigen Einschüben unterbrochen, auch sind es eine Menge Personen, die hier eine Rolle spielen, so dass ich zwischendurch leicht den Überblick verloren habe. Doch der humorige Grundton der Erzählung und die vielerlei überraschenden Wendungen konnten mich wieder in den Lesefluss zurückbringen. Die Landkarten zu diesem Gebiet ergänzen die Geschichte und wecken zusammen mit dem Coverbild Lust auf die Region Südtirol.
Alles in allem habe ich etwas mehr Spannung erwartet, das Buch hätte mehr Potential gehabt. Doch ist es ein guter Einstieg für ein interessantes Ermittlergespann in einer einzigartigen Kulisse.