Ein wunderbarer historischer Krimi

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takabayashi Avatar

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Kronanwalt Sir Gabriel Ward ist ein etwas eigenbrötlerischer Junggeselle mit leicht autistischen Zügen, ein brillanter Rechtsgelehrter mit einem scharfen Verstand und ein Mann, der seine Gewohnheiten liebt. Am wohlsten fühlt er sich in seiner Wohnung im Inner Temple - dem Londoner Bezirk der Anwälte und Richter - und mit seinen zahllosen Büchern.
Doch als er eines Morgens im Jahre 1901 die barfüßige Leiche des Lordoberrichters auf der Türschwelle seiner Kanzlei vorfindet, ist erst einmal Schluß mit dem geruhsamen Leben in den eingefahrenen Gleisen. Denn da im Temple-Bezirk die Polizei keine Befugnisse hat, wird Sir Gabriel dazu verdonnert, diesen Mord aufzuklären, wobei ihm ein Polizist, Constable Wright zur Seite gestellt wird. Man geht höheren Ortes davon aus, dass jemand von außerhalb diesen Mord begangen haben muss, denn von den im Temple ein- und ausgehenden Juristen, könne es ja niemand gewesen sein! In einem 2. Handlungsstrang geht es um einen Urheberrechtsstreit, darum, wer ein überaus erfolgreiches, erbaulich-moralisches Kinderbuch über eine Kirchenmaus verfasst hat.
Die Autorin - selbst eine Kronanwältin - schreibt sehr kenntnisreich und mit feinem britischen Humor über die Gepflogenheiten der juristischen Community. Ich bin schon im Temple gewesen, aber erst durch diesen unterhaltsamen historischen Krimi hat sich der Bezirk für mich mit Leben gefüllt. Ich fand die Geschichte sehr spannend, allerdings nicht im Sinne von Action, sondern eher in der Tradition von Ermittlern wie Hercule Poirot, Campion, Miss Marple, Lord Peter Wimsey etc.. Sir Gabriel muss gezwungenermaßen seinen Elfenbeinturm verlassen und entdeckt dadurch ganz und gar ungewohnte Eigenschaften und Fähigkeiten an sich selbst wie z.B. Empathie und Mitgefühl und auch Neugier und ein gewisses ermittlerisches Kribbeln. Ein typischer Cosy, sehr atmosphärisch, mit vielen Insider-Einblicken, gut gezeichneten Charakteren, Humor und Ironie, und einem sympathischen Ermittler samt Side-Kick. Für mich ein großes Lesevergnügen, dass ich uneingeschränkt empfehlen kann, speziell allen Liebhabern des traditionellen britischen Krimis. Ich hoffe sehr, dass ich Sir Gabriel noch öfter treffen werde!