Mord und Gespenster

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laberladen Avatar

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Darum geht’s:

In der Gruft unterm Stephansdom wird bei einer heimlichen Touristenführung eine Leiche entdeckt. Der Tote, Doktor Lichtenstein, hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Geistererscheinungen und Seancen als Betrug zu entlarven. Und weil er ein enger Freund von Oberpolizeirat Stukart war, ist es für diesen eine ganz persönliche Angelegenheit und Leo bekommt den Ermittlungsauftrag vom Chef persönlich.
Anna, die Ziehtochter des Totengräbers Rothmayer, wird darauf aufmerksam, dass aus einem Waisenhaus immer wieder Kinder spurlos verschwinden. Als der schwerverletzte Jossi bei Anna auftaucht und ein paar Andeutungen macht, nehmen sich Anna und Rothmayer der Sache an.

So fand ich’s:

Weder Leo noch Julia glauben an Übernatürliches, doch trotzdem erleben sie bei der Mordermittlung Dinge, die sie sich nicht erklären können. Wie kommt die Erscheinung eines Toten auf Julias Tatortfoto? Und bei der Seance, die Leo bei der Opernsängerin Vanotti besucht, kann er auch mit seinem kriminalistisch geschulten Auge nicht alles durchschauen. Julia und Leo suchen sogar einen Geisterfotografen auf, der dabei helfen soll, das unheimliche Tatortfoto zu erklären.

Gleichzeitig treibt der “Nachtkrapp” sein Unwesen, eine Sagengestalt, die die unartigen Kinder holen soll und das im Wien des ausgehenden 19. Jahrhundert tatsächlich auch tut. Denn aus einem bestimmten Waisenhaus verschwinden immer wieder gerade die Kinder, die nicht zu den braven gehören, und tauchen nie wieder auf.

Es dauerte eine ganze Weile, bis mich die Handlung diesmal packen konnte. Wir beobachten die Handlungsstränge, die wie in dieser Reihe üblich, erst einmal nichts oder nur wenig miteinander zu tun haben. Ich wurde gut unterhalten, denn es wimmelte von kuriosen Figuren. Sogar Arthur Conan Doyle, der gerade seinen Sherlock Holmes hat sterben lassen, und Leos Mutter bereichern die bunte Figurenschar. Genauso der windige Reporter Harry, den Julia von früher kennt, und noch einige andere mehr. Die Nebenfiguren haben mir beim Lesen großen Spaß gemacht und sie sind eindeutig ein großer Pluspunkt in diesem Buch.

Doch der Lesesog war nicht wirklich ausgeprägt vorhanden, ich konnte auch gut Hörpause machen, ohne den Drang, schnell weiterzuhören.

Nach einiger Zeit verdichten sich die Ereignisse und bei allen Handlungssträngen steigt die Spannung. Und irgendwann packte es mich dann doch und ich bin in der zweiten Hälfte nicht mehr von der Handlung losgekommen. Die Ereignisse überschlagen sich, es passiert viel, doch man verliert nie den Überblick. Diese actionreiche zweite Hälfte hat mich mit dem etwas gemächlichen Start wieder versöhnt.

Was mir nicht so gut gefiel, war die private Verbindung zwischen Leo und Julia, denn man merkt deutlich, dass es zwischen den beiden knirscht und Julia nicht zufrieden damit ist, wie sich ihre Beziehung entwickelt. Allerdings konnte ich nicht sagen, ob sie endlich einen Verlobungsring haben will und dass sich Leo mehr wie ein Vater für ihre Tochter benimmt. Oder ob sie lieber frei und ungebunden sein möchte und ihren eigenen Weg mit Erfolg im Beruf gehen will. Vielleicht weiß Julia das selbst nicht so genau – ich konnte jedenfalls nicht immer nachvollziehen, was sie sich wünscht.

Die Auflösung fand ich gelungen und folgerichtig, historische Fakten und wissenschaftliche Erkenntnisse wurden sehr gekonnt mit der Fantasie des Autors vermischt und das Ergebnis überzeugte mich.