Als die Bilder laufen lernten...

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Wien im ausgehenden 19. Jahrhundert. Der Totengräber Augustin Rothmayer experimentiert für sein neues Buch, für das auch Inspektor Leopold Herzfeldt einige Kapitel beisteuert, mit Insekten. Die noch junge Wissenschaft der Entomologie steckt noch in den Kinderschuhen doch Alfons ist sich sicher, dass ein Hinweis auf den Todeszeitpunkt einer Leiche auch anhand dieser kleinen Lebewesen bestimmt werden kann.

Die junge alleinerziehende Julia hat eine neue Arbeit als Reporterin beim „Neuen Wiener Journal“, die Tätigkeit als Tatortfotografin hat ihr doch zunehmend schlaflose Nächte eingebracht, außerdem kann sie so viel besser Inspektor Herzfeldt aus dem Weg gehen. Ihre Liaison scheiterte an seiner Unzuverlässigkeit und der fehlenden Akzeptanz seiner Familie. Im Rahmen ihrer neuen Tätigkeit darf sie sich die sensationelle Premiere der Zauber-Show des großen Charles Banton im Wiener Prater ansehen um darüber zu berichten. Seine neueste und spektakulärste Nummer ist die „zersägte Jungfrau“. Doch dieser Zaubertrick geht eindeutig schief, denn die junge Bühnendarstellerin stirbt und es wird nicht die einzige Tote sein, im Rahmen ihrer weiteren Recherche stößt Julia auf verschwundene Mädchen und zwangsläufig arbeitet sie auch wieder mit Leopold zusammen.

Der Totengräber und die Pratermorde ist schon der vierte Teil einer neuen Serie des Autors und mein erstes Buch das ich aus dieser Serie lese. Da dieser Kriminalroman in sich abgeschlossen ist, war es auch kein Problem der Erzählung zu folgen. Oliver Pötzsch lässt auch mit neuen Protagonisten die Geschichte wiederaufleben. Ein Markenzeichen des Autors ist der Umfang seiner Werke. Dieses Buch verfügt über 1000 Seiten und ich hatte nicht einmal das Gefühl gehabt, das die Geschichte in die Länge gezogen wird. Jede Seite ist allein durch die geschichtlichen Randnotizen sehr spannend. Man taucht tief in die Welt des ausgehenden 19. Jahrhunderts auf dem europäischen Kontinent ein. Historisch belegbare Fakten werden nur mit ein wenig Fiktion gemischt. Die technischen Fortschritte, deren Gebrauch aber auch Missbrauch und die Angst der Menschen vor diesen und der nahenden Zukunft sind herausragend beschrieben. Ich habe viel erfahren über den Kampf gegen Anarchisten, das Zusammentreffen des österreichischen und deutschen Kaiserpaares, die ersten Fußballturniere und die ersten (anrüchigen) Vorläufer des späteren Kinofilms und über den über das weltbekannte Vergnügungsviertel Wiens.