Wer ist der Große Calafati?
Mit “Der Totengräber und die Pratermorde” hat der Spiegel Bestseller- Autor Oliver Pötzsch den vierten Band seiner Totengräberserie um Inspektor Leopold von Herzfeldt aus dem Wiener Sicherheitsbüro und den Totengräber Augustin Rothmayer vorgelegt.
Schauplatz ist diesmal Wien im Jahr 1896. Zwei Zauberer gastieren in der Stadt, der Amerikaner Banton, der im Ronacher Theater auftritt und der Grosse Bellini, der seine Kunst im Wiener Prater zeigt. Banton hat modernere Tricks, doch bei seinem spektakulärsten geht alles schief, die Jungfrau wird wirklich zersägt. Als kurz darauf sein Assistent stirbt, hat Inspektor Herzfeldt zwei Morde aufzuklären. Dabei kommt ihm immer wieder seine große und unglückliche Liebe Julia Wolf in die Quere, Journalistin beim Neuen Wiener Journal. Als Julia im Prater recherchiert, wird ihr das Gerücht zugetragen, dass immer wieder Mädchen verschwinden. Tatsächlich werden weitere Frauenleichen gefunden, es ist klar: Irgend jemand, hinter vorgehaltener Hand genannt der Große Calafati, zieht hier im Hintergrund die Fäden. Hängen die vielen Mordfälle zusammen?
Im Wien der Jahrhundertwende wird die Kriminalistik gerade zur faktenbasierten Wissenschaft, die Wiener Medizinische Schule ist weltberühmt. Leopold von Herzfeldt schwört auf die Tatortanalyse und die Daktyloskopie, der am Wiener Zentralfriedhof beschäftigte Totengräber Augustin Rothmayer experimentiert mit Fliegen und Maden, um die Liegezeit von Leichen bestimmen zu können. Dabei arbeitet er mit Professor Hofmann vom gerichtsmedizinischen Institut zusammen und schreibt mit Herzfeldt an einem Buch. Doch die seltsam verkleideten Frauenleichen geben weiterhin Rätsel auf.
Mit “Der Totengräber und die Pratermorde” zeichnet Oliver Pötzsch ein genaues Bild des historischen Wien, wobei der Wiener Prater die Hauptrolle spielt. Er ist ein Kosmos für sich und die Budenbesitzer stehen der Polizei skeptisch gegenüber. Sie machen Streitigkeiten lieber untereinander aus. Dementsprechend schwierig gestalten sich die Ermittlungen, erst als Julia unter falschem Namen eine Stellung in einem Zirkus annimmt, kommt sie an mehr Informationen. Doch weiß sie nicht schon zuviel und ist ihr Leben noch sicher?
Neben der spannenden Kriminalhandlung beschreibt der Autor sehr gut die sozialen Hintergründe und Entwicklungen der damaligen Zeit. Wien ist im Umbruch, neue technische Errungenschaften halten Einzug. Teile Wiens sind bereits elektrifiziert, bewegte Bilder auf der Leinwand faszinieren und ängstigen die Menschen gleichermaßen. Wenige Autos fahren, viele Menschen sind überzeugt, dass sich diese neumodischen Erfindungen nicht lange halten werden. Eine neue Sportart, das Fußballspiel, wird immer beliebter.
Julia, eine Frau, die ihre Unabhängigkeit und ihren Beruf schätzt, lebt mit ihrer gehörlosen Tochter Sisi in einem Untermietzimmer, Armut und Reichtum existieren nebeneinander. Inspektor Herzfeldt, der jüdische Wurzeln hat, wird mit Vorurteilen, Beleidigungen und Hass wegen seiner Religion konfrontiert, auch seitens seiner Kollegen. Antisemitismus ist allgegenwärtig. Augustin Rothmayer ist ein menschenscheuer Typ, der wissenschaftliche Erkenntnisse über die Leichen, mit denen er täglich zu tun hat, gewinnen will. Liebevoll kümmert er sich um seine Pflegetochter Anna, die bei ihm eine Lehre macht. Doch Anna ist dem Fußballspiel verfallen und Rothmayer nicht sehr geübt im Umgang mit jungen Mädchen. Auch alle weiteren Charaktere sind zeittypisch und authentisch dargestellt und ermöglichen den Einblick in eine Welt hinter dem Praterrummel.
Die Sprache des Buches, das flott und spannend zu lesen ist, ist oft sehr Wienerisch, wer Wiener Schimpfworte noch nicht kennt, wird sein Repertoire hier wirklich bereichern können, auch wenn manche Bezeichnungen heute nicht mehr geläufig sind. Zur besseren Verständlichkeit gibt es ein Glossar und ein Personenverzeichnis, das den Überblick erleichtert. Das Milieu und die historischen, baulichen und architektonischen Gegebenheiten sind lebendig und exakt geschildert. Um die Vorstellungskraft zu unterstützen, bietet das Buch auf der Rückseite des vorderen Buchumschlages eine Karte der historischen Wiener Innenstadt und des Praters. So ist “Der Totengräber und die Pratermorde” ein gelungener historischer Kriminalroman, der echtes Wiener Flair um die Jahrhundertwende bietet. Und der Große Calafati? Es ist eigentlich eine überlebensgroße Figur in der Mitte des Praters, die einen Chinesen darstellt und vor der sich die Kinder auch heute noch fürchten.
Mein Fazit:
Oliver Pötzsch hat einen lebendigen, gut lesbaren und sehr spannenden Kriminalroman geschrieben, der Wien um die Jahrhundertwende hervorragend beschreibt und es den Lesenden leicht macht, in die damalige Atmosphäre und Kultur einzutauchen. Das Verschwinden junger Mädchen war keineswegs ungewöhnlich, sehr gut gefallen hat mir, dass die eigentlichen Verbrechen nicht sensationslüstern dargestellt werden, man aber das Grauen der Situation deutlich spüren kann. Diesen actionreichen historischen Kriminalroman empfehle ich sehr gerne weiter und bewerte ihn mit verdienten fünf Sternen.
Noch ein Tipp für alle, die sich für Kriminalgeschichte interessieren: Das Kriminalmuseum im zweiten Wiener Gemeindebezirk kann ich wirklich empfehlen.
Schauplatz ist diesmal Wien im Jahr 1896. Zwei Zauberer gastieren in der Stadt, der Amerikaner Banton, der im Ronacher Theater auftritt und der Grosse Bellini, der seine Kunst im Wiener Prater zeigt. Banton hat modernere Tricks, doch bei seinem spektakulärsten geht alles schief, die Jungfrau wird wirklich zersägt. Als kurz darauf sein Assistent stirbt, hat Inspektor Herzfeldt zwei Morde aufzuklären. Dabei kommt ihm immer wieder seine große und unglückliche Liebe Julia Wolf in die Quere, Journalistin beim Neuen Wiener Journal. Als Julia im Prater recherchiert, wird ihr das Gerücht zugetragen, dass immer wieder Mädchen verschwinden. Tatsächlich werden weitere Frauenleichen gefunden, es ist klar: Irgend jemand, hinter vorgehaltener Hand genannt der Große Calafati, zieht hier im Hintergrund die Fäden. Hängen die vielen Mordfälle zusammen?
Im Wien der Jahrhundertwende wird die Kriminalistik gerade zur faktenbasierten Wissenschaft, die Wiener Medizinische Schule ist weltberühmt. Leopold von Herzfeldt schwört auf die Tatortanalyse und die Daktyloskopie, der am Wiener Zentralfriedhof beschäftigte Totengräber Augustin Rothmayer experimentiert mit Fliegen und Maden, um die Liegezeit von Leichen bestimmen zu können. Dabei arbeitet er mit Professor Hofmann vom gerichtsmedizinischen Institut zusammen und schreibt mit Herzfeldt an einem Buch. Doch die seltsam verkleideten Frauenleichen geben weiterhin Rätsel auf.
Mit “Der Totengräber und die Pratermorde” zeichnet Oliver Pötzsch ein genaues Bild des historischen Wien, wobei der Wiener Prater die Hauptrolle spielt. Er ist ein Kosmos für sich und die Budenbesitzer stehen der Polizei skeptisch gegenüber. Sie machen Streitigkeiten lieber untereinander aus. Dementsprechend schwierig gestalten sich die Ermittlungen, erst als Julia unter falschem Namen eine Stellung in einem Zirkus annimmt, kommt sie an mehr Informationen. Doch weiß sie nicht schon zuviel und ist ihr Leben noch sicher?
Neben der spannenden Kriminalhandlung beschreibt der Autor sehr gut die sozialen Hintergründe und Entwicklungen der damaligen Zeit. Wien ist im Umbruch, neue technische Errungenschaften halten Einzug. Teile Wiens sind bereits elektrifiziert, bewegte Bilder auf der Leinwand faszinieren und ängstigen die Menschen gleichermaßen. Wenige Autos fahren, viele Menschen sind überzeugt, dass sich diese neumodischen Erfindungen nicht lange halten werden. Eine neue Sportart, das Fußballspiel, wird immer beliebter.
Julia, eine Frau, die ihre Unabhängigkeit und ihren Beruf schätzt, lebt mit ihrer gehörlosen Tochter Sisi in einem Untermietzimmer, Armut und Reichtum existieren nebeneinander. Inspektor Herzfeldt, der jüdische Wurzeln hat, wird mit Vorurteilen, Beleidigungen und Hass wegen seiner Religion konfrontiert, auch seitens seiner Kollegen. Antisemitismus ist allgegenwärtig. Augustin Rothmayer ist ein menschenscheuer Typ, der wissenschaftliche Erkenntnisse über die Leichen, mit denen er täglich zu tun hat, gewinnen will. Liebevoll kümmert er sich um seine Pflegetochter Anna, die bei ihm eine Lehre macht. Doch Anna ist dem Fußballspiel verfallen und Rothmayer nicht sehr geübt im Umgang mit jungen Mädchen. Auch alle weiteren Charaktere sind zeittypisch und authentisch dargestellt und ermöglichen den Einblick in eine Welt hinter dem Praterrummel.
Die Sprache des Buches, das flott und spannend zu lesen ist, ist oft sehr Wienerisch, wer Wiener Schimpfworte noch nicht kennt, wird sein Repertoire hier wirklich bereichern können, auch wenn manche Bezeichnungen heute nicht mehr geläufig sind. Zur besseren Verständlichkeit gibt es ein Glossar und ein Personenverzeichnis, das den Überblick erleichtert. Das Milieu und die historischen, baulichen und architektonischen Gegebenheiten sind lebendig und exakt geschildert. Um die Vorstellungskraft zu unterstützen, bietet das Buch auf der Rückseite des vorderen Buchumschlages eine Karte der historischen Wiener Innenstadt und des Praters. So ist “Der Totengräber und die Pratermorde” ein gelungener historischer Kriminalroman, der echtes Wiener Flair um die Jahrhundertwende bietet. Und der Große Calafati? Es ist eigentlich eine überlebensgroße Figur in der Mitte des Praters, die einen Chinesen darstellt und vor der sich die Kinder auch heute noch fürchten.
Mein Fazit:
Oliver Pötzsch hat einen lebendigen, gut lesbaren und sehr spannenden Kriminalroman geschrieben, der Wien um die Jahrhundertwende hervorragend beschreibt und es den Lesenden leicht macht, in die damalige Atmosphäre und Kultur einzutauchen. Das Verschwinden junger Mädchen war keineswegs ungewöhnlich, sehr gut gefallen hat mir, dass die eigentlichen Verbrechen nicht sensationslüstern dargestellt werden, man aber das Grauen der Situation deutlich spüren kann. Diesen actionreichen historischen Kriminalroman empfehle ich sehr gerne weiter und bewerte ihn mit verdienten fünf Sternen.
Noch ein Tipp für alle, die sich für Kriminalgeschichte interessieren: Das Kriminalmuseum im zweiten Wiener Gemeindebezirk kann ich wirklich empfehlen.