Reihenkonzept nicht überzeugend genug

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marcello Avatar

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Linus Geschke ist im deutschen Krimigeschäft auch mir schon seit vielen Jahren ein Begriff, dennoch habe ich bislang noch nie zu einem Buch von ihm gegriffen. Da kam das Hörbuch zu „Der Trailer“ genau richtig, zumal es bei Piper eine neue Reihe von ihm einleitet, sodass es der ideale Zeitpunkt ist, bei ihm mal einzusteigen und mir ein Begriff zu ihm zu machen.

Ich habe mich im Vorfeld nicht groß mit dem Konzept der Reihe beschäftigt. Für mich war nur ausschlaggebend, dass es eine neue Reihe ist, sodass ich kein Vorwissen brauche, um mich auf die Handlung einlassen zu können. Im Nachhinein habe ich mich dennoch gefragt, wie diese Reihe mit bislang angekündigten drei Bänden funktionieren soll, da der Campingplatz in Belgien, Donkerbloem, titelgebend ist und damit die Handlung dort immer wieder gebunden werden wird. Das betrachte ich ein wenig skeptisch, weil die Aussicht, genau diese Figurenkonstellationen wieder zu erleben, mich nicht unbedingt in Begeisterungsstürme ausbrechen lässt. Aber dazu gleich mehr. Zunächst möchte ich noch auf Richard Barenberg als Sprecher eingehen. Da die Perspektiven zwischen den Geschlechtern gerecht aufgeteilt sind, habe ich mir schon mal gedacht, eine weibliche Stimme hätte nicht geschadet, aber das wurde leider nicht angeboten und in diesem Sinne musste ich mich mit jedem neuen Kapitel erstmal etwas orientieren, wer jetzt gerade dran ist. Die Stimme passte zu dem Genre ansonsten aber sehr gut.

Kommen wir jetzt wieder zum Inhalt. Wir haben recht viele Perspektiven, was ich für dieses Genre eigentlich immer sehr gut findet. Chris Carter, Nele Neuhaus, das sind so von meinen üblichen Autoren im Krimi und Thriller genau die, die das sehr gut beherrschen und damit ihre Geschichten immer anreichern. Auch hier in „Der Trailer“ fand ich das grundsätzlich gut. Es gab Perspektiven, wie die von Wout und Frieda, die sehr häufig auftauchen. Andere sind eher seltener, was es dann schon etwas komplexer gemacht hat, sie zunächst einzuordnen und dann wiederzuerkennen. Man hat auch deutlich gemerkt, dass vor allem eine Perspektive erst für die Folgebände von Bewandtnis sein wird. Das hat sie hier etwas zur Störfalle gemacht, weil es nicht konkret zu Ergebnissen führt, aber insgesamt wird sie noch Bedeutung haben. Aber die anderen Perspektiven nähern uns immer mehr den Antworten an, was einst auf dem Campingplatz passiert ist.

Ich hatte leider ein wenig das Problem, dass ich mich mit den Figuren sehr schwer getan habe. Es ist nicht unbedingt das Genre, in dem ich Sympathieträger suche, aber ich will dennoch etwas, was mich reizt und das war hier bei keinem wirklich geboten. Auch wenn schnell klar ist, dass Friedas Suspendierung bei der Hamburger Polizei nicht an ihr selbst liegt, sondern an Machenschaften. Aber ich fand sie als Person sehr schwer zu greifen. Deutlich klarer sind da Wout oder auch Kathinka ausgearbeitet, aber auch da, es wollte einfach kein Funken überspringen. Gerade Wout ist für mich eher abschreckend. Ich finde es respektabel, dass man solche ambivalente Figuren ins Zentrum rückt. Aber seine ganze Art war anstrengend und die Aussicht, dass so jemand der Reihe dann erhalten bleibt, ich weiß nicht, das reizt mich gar nicht. Auch weil die Kombination von ihm zu dem Boxer Tayfun ungewöhnlich ist, aber die ganzen wiederholenden Gespräche am Anfang, da kam doch einiges zusammen, was mich eher gehindert hat, mich mit Interesse an Figuren und Handlung zu binden.

Dennoch würde ich unter dem Strich sagen, dass der Fall an sich funktioniert. Die Frage, was einst mit der jungen Lisa Martin passiert ist, das ist ein spannender roter Faden. Es war auch eine gute Idee, sich vorzunehmen, den Fall von mehreren Sichten aus zu lösen. Mit Frieda eher professioneller, wenn sie durch ihre Suspendierung auch viel improvisieren muss, mit Kathinka von Rache getrieben und mit Wout aus Angst, er könnte der nächste sein. Ich hatte zwischendurch einen Verdacht, der sich dann halb bestätigt hat, dementsprechend kann ich auch nicht behaupten, dass der Ausgang vorhersehbar wäre. Es war am Ende überraschend, aber es war kein Kriminalfall, der mich bis zum Ende richtig mitzittern lässt.

Fazit: „Der Trailer“ war mein erstes Hörerlebnis mit Linus Geschke. Man konnte den Krimi insgesamt gut weghören, aber der entscheidende Funke ist für den Band alleine und damit keinesfalls für die gesamte Reihe einfach nicht übergesprungen. Aber ich werden den Namen nun definitiv auf dem Schirm haben. Denn ein anderes Setting, andere Figuren, wer weiß, ob der Funken dann nicht doch da ist, denn am Schreibstil an sich habe ich nichts zu meckern.