Amnesie

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buecherfan.wit Avatar

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Temporäre Amnesie ist als Thema in der Literatur und in Filmen (Martin Suter, Ein perfekter Freund - Buch und Film - Aki Kaurismäki, Der Mann ohne Vergangenheit und zuletzt Kathrin Schmidt, Du stirbst nicht) nichts Neues.

Im vorliegenden Roman erwacht Sibylle Aurich in einem seltsamen Krankenhaus aus dem Koma: sie kommt sich vor wie in einem Gefängnis. Tatsächlich kann sie aus dem fensterlosen Krankenzimmer mit der Tür ohne Griff nur fliehen, nachdem sie den Arzt überwältigt hat. Sie hat erfahren, dass sie nach einem Schlag auf den Kopf acht Wochen im Koma gelegen hat. Sie erinnert sich noch, nach einem Treffen mit ihrer Freundin Elke durch einen Park gegangen zu sein. Sie kennt ihren Namen - Sybille Aurich - und weiß, dass sie mit Johannes verheiratet ist und einen Sohn namens Lukas hat. Allerdings sät der Arzt Zweifel an diesen Gewissheiten. Er behauptet zum Beispiel, dass sie gar keinen Sohn hat.  Sie will so schnell wie möglich nach Hause. Ihre räumliche Orientierung findet sie sofort wieder. Auch ihre Adresse in Regensburg ist ihr bekannt. Ihre Flucht wird von einem Unbekannten namens Hans beobachet, der den Arzt informiert. Hans greift gern in Ereignisse ein und liebt es besonders, menschliche Schicksale zu beeinflussen. Am Schluss der Leseprobe fragt sich Hans, wann er auf sie entscheidenen  Einfluss nehmen wird. Er nennt Sybille Aurich "Jane Doe." So nennen amerikanische Gerichtsmediziner die weiblichen unbekannten Toten.

Die Leseprobe deutet an, dass Sybille Aurich keinen normalen Unfall mit normalen Folgen hatte. Da steckt mehr und anderes dahinter. Was das ist, kann der Leser zu diesem Zeitpunkt noch nicht erkennen. Der Arzt Dr. Muhlhaus und sein Helfer Hans sind mysteriöse Figuren und dem Leser sofort suspekt. Offensichtlich ist auch, dass das Motiv der Suche nach der eigenen Identität abgewandelt wird - Sybille Aurich erinnert sich schließlich sofort nach dem Erwachen an ihren Namen und ihre Adresse. Es geht auch nicht um die Wiedererlangung der sprachlichen Fähigkeiten. Sybille Aurich spricht sofort wieder flüssig und verständlich und hat keine Wortfindungsprobleme wie zum Beispiel die Protagonistin in Kathrin Schmidts Roman. Sybille Aurich wird die Puzzleteile ihrer Erinnerung neu zusammensetzen und sich in der Realität  orientieren müssen. Das ist spannend und interessant gemacht.