Ein Jahrhundert - zwei Familien

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theresia626 Avatar

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Die Leseprobe aus Emanuel Bergmans Debütroman „Der Trick“ erzählt eine Geschichte auf zwei Zeitebenen. Sie setzt mit dem Beginn des vorigen Jahrhunderts ein und berichtet von Rabbi Laibl Goldenhirsch und seiner Frau Rifka in Prag. Der Rabbi wird im Großen Krieg eingezogen und kehrt verletzt von der Front zurück. Nachdem die Ehe lange kinderlos geblieben ist, bekommt Rifka doch noch ein Kind. Ihr Mann glaubt zwar nicht an die unbefleckte Empfängnis der christlichen Lehre, beschließt aber, das Wunder anzunehmen – so sehr hat er sich immer einen Sohn gewünscht („Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.“ S. 17). Der zweite Handlungsstrang spielt Anfang des 21. Jahrhunderts in Los Angeles. Der knapp 11jährige Max Cohn wird von seinen Eltern informiert, dass sie sich scheiden lassen wollen. Sein Freund Joey Shapiro hat einige Monate vorher dasselbe erlebt und bereitet ihn auf die Situation vor. So weiß Max, dass man sich bei der Aussprache mit den Eltern nicht sein Lieblingsessen wünscht, sondern etwas, worauf man für den Rest seines Lebens gut verzichten kann. Er wählt zur großen Verwunderung seiner Eltern Sushi und kann sich hinterher sagen: „Pizza, wenigstens Pizza bleibt mir noch.“ (S. 21).
Die beiden Handlungsstränge werden in der Leseprobe noch nicht zusammengeführt. Sie liest sich sehr gut. Mir gefällt der Sprachstil und der Humor, zum Beispiel die Pizzaepisode oder Rifka Goldenhirschs Versuche, ihren Ehebruch schönzureden. Ist Rifkas und Laibls Sohn der alte Zauberer, der für Max Cohn mit einem Zaubertrick die Ehe der Eltern retten soll? Ich bin gespannt.