Nicht so gut wie "Fake"

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
tokall Avatar

Von

Von Arno Strobel habe ich in der letzten Zeit zwei Thriller gelesen, die mich begeistert haben, und zwar „Fake“ und „Mörderfinder 1“ (vgl. dazu frühere Rezensionen). In meiner letzten Rezension habe ich folgendes Urteil gefällt: „Arno Strobel ist einer der Thriller-Autoren, die es bei mir schaffen, mich in einen Zustand innerer Anspannung zu versetzen und mich von der ersten bis zur letzten Seite in den Thriller hineinzuziehen.“ Die Frage ist natürlich, schafft er dies auch mit seinem neuesten Thriller „Der Trip“?

Der Einstieg ist jedenfalls schon einmal packend: Fabian und seine Partnerin erleben einen Wildunfall in Frankreich und es ist weit und breit keine Hilfe in Sicht. Verständnisschwierigkeiten erschweren die Lösung der Situation, bis plötzlich ein Abschleppwagen hält und die beiden Gestrandeten mitnimmt. Sie verschwinden daraufhin spurlos… In einer anderen Perspektive lernen wir die Psychologin Evelyn kennen, die Schwester von Fabian. Seit seinem Verschwinden führt sie ein unbeständiges Leben, ein Leben mit Alpträumen und flüchtigen Männerbekanntschaften. Sie stürzt sich zur Ablenkung in die Arbeit, doch das Schicksal ihres Bruders lässt sie nicht los. Sie wird so sehr von den Gedanken an ihren Bruder vereinnahmt, dass ihr Leben davon negativ beeinflusst wird. Evelyn hat ein Trauma erlitten und bräuchte selbst eigentlich dringend therapeutische Hilfe. Die Unwissenheit über den Verbleib des Bruders zermürbt sie.

Doch die Arbeit ruft. Auf Campingplätzen treibt zeitgleich ein Mörder sein Unwesen. Und Evelyn ist an den Ermittlungen beteiligt. Sie meint auf dem Phantombild ihren verschwundenen Bruder als Täter zu erkennen. Doch kann das sein? Oder entwickelt Evelyn allmählich Wahnvorstellungen? Außerdem therapiert sie einen Patienten (Kleinbauer), der eine Prostituierte ermordet hat und an paranoider Schizophrenie leidet. Und in den Therapiesitzungen mit Kleinbauer kommt es zu merkwürdigen Vorkommnissen, die Evelyn völlig aus dem Konzept bringen: Der Patient scheint etwas über Fabian, Fabians Partnerin und über das Verschwinden des Bruders zu wissen. Doch wie ist das möglich? Woher weiß er davon? Oder spielt er nur mit Evelyn und nutzt ihre Schwachstelle aus?

In kurzen eingeschobenen Kapiteln erfahren wir auch etwas über den Täter und seine Perspektive, ohne dass wir als Leser:in wissen, um wen es sich dabei handelt (das kennt man aus anderen Thrillern von Strobeln). Kurzum: Genügend Stoff, der Neugier beim Leser erzeugt und zum Weiterlesen animiert. Ich hatte während der Lektüre genügend offene Fragen im Kopf, die ich beantwortet wissen wollte. So muss das sein. Das macht einen guten Thriller aus. Doch entsteht eine Sogwirkung, so dass ich den Thriller nicht mehr aus der Hand legen konnte? Leider nicht…

Ich muss zugeben, ich habe „Fake“ und „Mörderfinder 1“ besser gefunden. Die Spannung war größer, das Tempo schneller. Mein Empfinden war, dass die schnell getaktete Ereignishaftigkeit dieses Mal zu wünschen übrig ließ. Sehr Schade! Ich hätte mir z.B. noch mehr Psychoduelle mit dem Patienten Kleinbauer gewünscht. Das Rätselraten um den Bruder drehte sich für mich zu sehr im Kreis. Die Passagen mit der Mörderperspektive waren zu gleichförmig und stagnierten mir zu sehr. Bei der Auflösung fehlte mir der große überraschende „Wow-Effekt“. So komme ich abschließend auf 4 Sterne!