2⭐️

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néeastern Avatar

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Der unsichtbare Elefant möchte sehr viel – vielleicht sogar zu viel. Der Roman positioniert sich als literarisch anspruchsvolle Mischung aus psychologischem Kriminalfall, Kanzlei-Drama und historischer Vergangenheitsbewältigung. Die Idee dahinter ist faszinierend: Ein scheinbar grundloser Selbstmord, drei Suchende mit völlig unterschiedlichen Perspektiven, und eine europäische Geschichte, die in die Gegenwart hineinragt. Doch der Anspruch, den Edelmann setzt, wird nur teilweise eingelöst.

Die stärkste Seite des Buches ist zweifellos die Atmosphäre.
Das winterliche Düsseldorf, die sterile, gläserne Welt einer internationalen Kanzlei und die Schatten der Vergangenheit erzeugen eine elegante, beinahe melancholische Grundstimmung. Auch sprachlich zeigt der Roman Ambitionen: Edelmanns Prosa ist sorgfältig, oft ruhig und beobachtend, manchmal fast essayistisch.

Doch genau hier beginnen die Probleme.
Der Roman wirkt überladen. Drei Figuren – María, Viktor und Simon – tragen jeweils Teile der Rekonstruktion des Falls bei, aber keine der Sichtweisen verfügt über genug Tiefenprofil, um emotional wirklich zu tragen. Die Perspektivwechsel wirken eher fragmentarisch als geschickt verschachtelt. Oft entsteht eher Distanz als Spannung.

Der Kriminalfall selbst – der Kern des Romans – entwickelt sich quälend langsam. Die Enthüllungen kommen spät, manche bleiben vage oder wirken konstruiert, und die historische Ebene fühlt sich eher angeheftet als organisch eingewoben an. Statt einer dichten, sich zuspitzenden Erzählung entsteht eine lose Sammlung von thematischen Strängen, die nicht immer harmonieren.

Die emotionale Wirkung bleibt dadurch gering.
Der Selbstmord von Thomas Siebenmorgen sollte als Ausgangspunkt schockieren und berühren, endet jedoch als abstraktes Rätsel ohne echte Nähe zum Opfer.

Fazit:
Ein Roman mit literarischem Anspruch, atmosphärischer Stärke und interessanten Themen – der jedoch an Überfrachtung, fehlender Charaktertiefe und mangelnder narrativer Spannung scheitert.
Für Leser:innen, die klare Struktur, emotionale Intensität und kohärente Dramaturgie suchen, eher enttäuschend.